Eu und die Hunde

Thailand hat so ungefähr 60 Mio. Einwohner. Und 20 Mio. Hunde. Woher die alle kommen, weiss ich nicht. Auf jeden Fall hat so ziemlich jede Familie hier mindestens einen Hund. Nein, so ist das nicht. Mindestens jeder Hund hat hier eine Familie. Oder so. Die Hunde suchen sich nämlich ihre Menschen selber. So gibt es denn auch die besitzende und die besitzlose Klasse. Bei den Hunden. Die einen abgemagert bis auf die Knochen. Liegen auf den Strassen herum. Manche ohne Fell, weil ihnen die Haare ausgefallen sind. Krankheiten beuteln diese armen Geschöpfe. Diese Hunde haben keine Menschen. Sie wagen sich nicht in die menschliche Gesellschaft. Angst vor Verachtung, weggeschickt werden. Vielleicht auch Fusstritte oder Schläge.

Die anderen wohlgenährt. Lümmeln auf den Treppen vor den Häusern herum. ‚Ja, sieht her, ich habe einen Menschen. Und der ist gut zu mir.’ Auch wenn das so nicht stimmt, der Hund bildet sich das zumindest ein. Wenn dann sein Mensch erscheint, zieht er die Show ‚ich bin sein bester Freund’ ab. Für die anderen Hunde.

Wehe wenn sich einer der unterprivilegierten Köter in die Nähe eines Gartens im Besitz eines Karriere-Hundes wagt. Was heisst hier Besitz. Der darf vor der Gartentür liegen. Wird nicht weggeschickt und bekommt auch zu Essen. Aber eben. Er bildet sich ein, das sei das höchste der Gefühle. Und verteidigt so seinen vermeintlichen Besitz gegen diese rumstreunenden, nichtsnutzigen Strassenvagabunden. Die sollen sich selber einen Menschen nehmen……
Ja, und da gibt es noch die Oberklasse. Das sind die Hunde, welche sich eine Familie leisten können. Schlafen im Haus. Oder zumindest im Garten. Werden verhätschelt, herumgetragen und gebadet. Essen aus der Büchse. Aus sauberen Tellern. Die habens aber gut!

Wenn der unbarmherzige thailändische Winter zuschlägt. Mit Temperaturen unter 20 Grad. Und einem frostigen Nordwind. Dann bekommt Hundchen oder Hund ein T-Shirt von Papi angezogen. Damit er sich nicht erkältet. Der Hund. Da steht dann drauf ‚NO PROBLEM!’ oder ‚FRUIT OF THE LOOM’ oder so. Auf jeden Fall sieht es zum Grölen aus. Zum Glück kann man die meisten Aufdrucke nicht lesen, weil die wenigsten Hunde den aufrechten Gang beherrschen…..
Das schrillste was ich gesehen habe, war ein T-Shirt mit dem Aufdruck: ‚Du mich auch!’. Getragen von einer Mischung aus Dobermann, Zwergpinscher und Cocktail-Spaniel. Aber der Hund machte sich Nichts draus.

Also, Eu habe ich bereits erwähnt. Sie ist unsere Nachbarin und die Schwester von Rang. Dem Zaun-Menschen. Aus irgend einem Grund haben gleich 5 Hunde Eu als Mensch genommen. Und das geht dann drunter und drüber bei ihr zuhause. Diese Hunde sind in der Kategorie ‚besser eine Taube auf dem Dach als eine Stumme im Bett’ angesiedelt. Sie dürfen im Garten, aber vor dem Haus wohnen. Bekommen gelegentlich zu essen. Und dürfen bei den Enten, Gänsen und Hühnern nach dem Rechten sehen.

Wenn Eu mit dem Motorrad nach Hause kommt, dann geht das Hallo drüben bei ihr los. Einer der Hunde erkennt das Geräusch ihres Motorrades. Das ist der Hund, der es nicht an den Ohren hat. Alle rennen sie los. Ihr entgegen. Dann kommt das Motorrad mit Eu und den Hunden nach Hause. Vorne auf dem Motorrad hängt Eu’s Tochter. Klammert sich an den Lenker. Als Knautschzone für Mami. Eu hat sie in der Schule abgeholt. So wie fast alle Thai-Mamis und -Papis ihre Kinder in die Schule bringen und sie am Abend wieder abholen. Jeden Tag. Mit dem Auto oder dem Motorrad.

Die Köter der unterprivilegierten Klasse liegen mit Vorliebe auf den meistbefahreren Strassen herum. Wenn ein Auto daher kommt, so machen sie vorerst keinen Wank. Bis sie das vom Motor tropfende Oel riechen können. Oder so. Dann bequemen sie sich gemächlich, auf die Seite zu gehen. Wahrscheinlich haben sie das in der Sparkassen-Werbung gesehen. ‚Wir machen den Weg frei!’.

Manchen Hunden gelingt das nicht rechtzeitig, weil gewisse Leute nur Hupen anstatt zu bremsen. Da hier aber sowieso viel gehupt wird, sind die Hunde immun dagegen und werden dann halt überfahren. Es gibt immer mehr Autobesitzer, die ihre geliebten Pickups mit Ramm-Stosstangen ausrüsten. Schlechte Karten für schwerhörige Hunde…

Ich muss Euch noch von ‚Hund’ erzählen. ‚Hund’ ist ein Hund. Hättet Ihr nicht gedacht, oder? Nein, also im Ernst. Eines Tages kommt ein Hund auf die Baustelle. Eine Mischung aus Spitz, Dalmatiner und irgend einem anderen Tier. Und irgendwie hat sich dieser Hund gerade mich als seinen Menschen genommen. Er ist ein Hund der Sorte Mittelschicht. Hat ein Zuhause. Bekommt auch mal zu essen. Wird aber nie gestreichelt. Er wohnt schräg gegenüber. Und ich nenne ihn einfach ‚Hund’. Weil hier kein Hund ‚Hund’ heisst.
Meine herzallerliebste kleine Frau Da hat keine Freude daran, dass ‚Hund’ immer bei uns ist. Dass ich ihn ab und zu streichle. Mit ihm spiele. Er verfolgt mich auf Schritt und Tritt. Manchmal gebe ich ihm auch zu essen. Wenn ein anderer Hund kommt, so von der Sorte ‚schau mir unter den Schwanz, Kleiner!’, dann flüchtet er immer zu mir. Es weiss schon, dass ich die Hundesprache beherrsche und in vor Ungemach beschütze. Dann streichle ich ihn und er beruhigt sich wieder. Aber nicht meine herzallerliebste kleine Frau Da. ‚Bevor du mich anfasst, wasch dir die Hände, Die Hunde in Thailand sind alle krank. Haben Flöhe, Läuse und sonstiges Ungetier im Pelz. Sag mal, muss dass denn sein…’ usw.
So wasche ich mir halt täglich fünfzigmal die Hände. Mit Wasser aus unserem Teich. Das ist zwar vermutlich schmutziger als der Hund. Aber ich habe dem Wunsch meiner herzallerliebsten kleinen Frau Da genüge getan.

UB.

 

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