Mem oder der Kunde ist König

Ich bin jetzt seit ein paar Wochen stolzer Besitzer eines Autos. Made in Thailand. Steht zwar Isuzu drauf. Aber nicht überall wo Isuzu draufsteht ist auch Isuzu drin. Also, diese Fahrzeug wird in Lizenz von einer Firma nahe Bangkok namens Thairung hergestellt. Der Motor kommt zwar von Isuzu, aber alles Andere ist Made in Thailand. Das muss ja nicht schlecht sein. Auf der Heckscheibe verkündet ein Kleber ISO9001 und daneben ‚OK Quality’. Oder so.

Ich muss vorausschicken, dass ich mit dem Auto eigentlich rundum zufrieden bin. Die haben ihre Sache bei Thairung nicht schlecht gemacht. Aber als ich das Auto abholte so vor 3 Wochen, suchte ich vergeblich nach einer Beleidigunsandienung. Oh sorry, Bedienungsanleitung. Ich fand im Handschuhfach stattdessen ein Manual eines Isuzu Pick-Ups.

Ich wurde getröstet. Das Büchlein kommt in ca. 1 Monat. Wurde mir gesagt. Weil das Auto soooo neu ist, wurde es nicht rechtzeitig fertig. Das Büchlein. Okay, damit kann ich leben. Dann weiss ich halt erst in einem Monat, wieviel Benzin mein Tank fasst oder wie der Reifendruck sein muss. Ein bisschen irritiert bin ich schon. Nun so denn.

Ich spiele nun mit meinem Auto munter mit im Spiel ‚dr Gschwinder isch dr Schnäller’ und geniesse die etwas erhöhte Aussicht auf die Artgenossen da draussen. Die Klimaanlage hüllt mich ein in eine angenehme Kaltluftwolke. Der Motor schnurrt vor sich hin und aus der 4 Kanal Stereoanlage ertönen Thai-Songs von Kassette. Radio ist nicht. Alle 30 Sekunden Werbung. Kein Musiktitel wird auch nur annähernd zuende gespielt. Darum Kassette.

Irgendwann zeigt ein Instrument an, dass das Auto Durst hat. Der Zeiger wickelt sich schon fast um den Buchstaben E. Also steure ich die nächste Tankstelle an. Gibt es hier in Hülle und Fülle. Nur 30 Liter passen in den Tank. Huh? Reicht ja kaum für 300 Kilomenter, stelle ich fest. Jetzt muss das Büchlein her. Koste es, was es wolle.

Ich sage zu meiner herzallerliebsten kleinen Frau Da, jetzt musst Du mal gucken, wie man das macht, mein Schatz. Wir fahren also gemeinsam zur Garage. Ich frage höflich nach dem Büchlein. Es gibt keins. Und wird nie eins geben. Nochmals: huh? Immer noch auf thailändisch aber nicht mehr ganz so höflich verlange ich nach dem Chef.

Es taucht eine adrette Dame auf. Sie ist der Chef hier und heisst Mem. Wir werden in ihr Büro gebeten und sitzen ihr nun gegenüber. Ich frage sie, ob sie der englischen Sprache mächtig ist. Ist sie. Also fange ich auf Englisch an, ihr höflich, aber mit dem mit-mir-ist-nicht-zu-spassen Blick, klar zu machen, dass ich darauf bestehe, eine Betriebsanleitung zu meinem Auto zu erhalten. Muss nicht auf Englisch sein. Aber eben, eine Betriebsanleitung oder so. Ich mache noch ein paar abfällige Bemerkungen über ISO9000. Und beende meine Rede mit einem versönlichen Lächeln.

Geduldig hört mir die Chefin zu. Sagt: ich kann Sie verstehen. Sie sind einfach der Erste, der das Büchlein verlangt. Aber Sie haben ganz recht. Auch ich würde an Ihrer Stelle darauf bestehen… Dem sagt man bei uns: eine offene Tür einrennen. Scheinbar schicken sich die Thais in solchen Fällen in ihr Schicksal und weinen ihren Kummer des Nachts in das Kissen. Statt auf ihren Rechten zu bestehen. Aber, die kennt hier sowieso kaum einer. Seine Rechte.

Also, die Chefin nimmt das Telefon in die Hand. Telefoniert mit Thairung. Verlangt den Marketing-Boss und scheisst den im wahresten Sinn des Wortes furchtbar zusammen. Ich konnte kaum glauben, dass diese aparte Dame über solchen Power verfügt. Die machte den armen Kerl am anderen Ende so richtig zur Schnecke: wie er sich das eigentlich vorstellt, ein Auto auf dem Markt zu bringen und nicht einmal ein Betriebshandbuch dazu bereitzustellen; sie erwarte innert Wochenfrist Bescheid. Und so weiter. Und so weiter.

Sie verlangt noch unsere Handy-Nummer und begleitet uns zur Tür: ’Sie hören von mir. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten…’ Ich kann nicht umhin, ihr das zu glauben. Sie wirkt so selbstsicher und seriös. Ich sage ihr noch, dass wir mit dem Service bisher eigentlich ganz zufrieden sind. Aber eben, ich will ein Betriebshandbuch. Ist nicht zuviel verlangt, oder? Nein, nein, gewiss nicht….

Vor ein paar Tagen hat uns die Chefin nun tatsächlich angerufen und uns informiert, dass bei Thairung die Druckerpresse angelaufen ist. Wahrscheinlich machen die jetzt ein Büchlein nur für mich. Auf jeden Fall stellt sie uns dieses für die nähere Zukunft in Aussicht. Was in Thailand ‚nähere Zukunft’ ist, werde ich irgendwann wissen. Sonst verlange ich, dass ein Mechaniker solange mein ständiger Begleiter auf allen Wegen ist, bis ich nicht mehr fragen muss: wie hoch ist der Reifendruck? wie schwer ist eigentlich mein Auto? oder wo ist der Wagenheber?, sondern alles selbst in der Bedienungsanleitung nachlesen kann….

UB.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert