Pattaya und der Kreisverkehr

Wie viele Kreisel (ohne diejenigen nach einer durchzechten Nacht im Kopf) es in Thailand gibt, weiss ich nicht, jedenfalls sicher nicht so viele wie in der Schweiz. In Bangkok gibt es sie mit Bestimmtheit und auch Pattaya hat so ein Ding: den Delphin-Kreisel in Nordpattaya…Wozu so ein Kreisel gut ist, wissen wohl die wenigsten Thai. Es sind ja auch keine Linien usw. am Boden aufgemalt und auch ein Schild fehlt. Entsprechend muss man ja auch nicht unbedingt links um den Kreisel rum. Man kann auch schon vor dem Kreisel einen U-Turn machen und dann sozusagen gegen den Strom schwimmen.

Oft werden an einer Stelle im Kreisel von der Polizei Gitter hingestellt, sodass man gewungen ist, 500 Meter bis zum naechsten U-Turn zu fahren. Irgendwie habe ich das Gefuehl, dass die Sache etwas Alkohol zu tun hat, denn die Gitter werden immer dann hingestellt, wenn wieder Alkohol verkauft werden darf, speziell am Abend ab 17 Uhr. Das macht ja auch Sinn. Denn um 17 Uhr ist der Schulunterricht fuer alle Kinder definitiv zu Ende. Wenn ich hier zur Schule ginge, wuerde ich wahrscheinlich aus lauter Frust ebenfalls anfangen zu trinken. Man darf ja nicht einmal etwas fragen. So habe ich kuerzlich gelesen, dass ein Maedchen zu Hause erklaerte, die naechste Mathematik-Pruefung werde wohl daneben gehen, denn es habe den Stoff nicht verstanden. Auf die Frage, warum es denn nicht noch einmal gefragt habe,  meinte es, das duerfe es nicht. Die Lehrerin koennte ja das Gesicht verlieren, weil sie die Sache beim ersten Mal nicht richtig erklaert habe. Eines ist sicher: Einstein war mit Bestimmtheit kein Thailaender, denn wie sagte er: „nicht vergessen, es ist wichtig, dass man nie aufhoert zu fragen“.

Am Samstag 22. Oktober um 15 Uhr beabsichtigten meine Frau und ich, von Naklua zum Strand in Nordpattaya zu fahren um uns dort noch ein wenig den Meereswind um die Ohren wehen zu lassen. Normalerweise mit dem Taxi eine Sache von 10 – 15 Minuten. Bereits auf halber Strecke stellte ich fest, dass irgend etwas los sein musste. Der Verkehr rollte kaum mehr. Beim Kreisel waren die erwaehnten Gitter aufgestellt und die Autos mussten gezwungenermassen bis zum zweiten U-Turn nach dem Lotus-Kaufhaus (der erste U-Turn war auch gesperrt) fahren. Beim Lotus ging es definitiv nicht mehr weiter. Die Gegenrichtung war wie leergefegt und ueberall standen Polizisten bzw. Maenner in Uniformen die sich als solche fuehlten. Aha, da musste etwas im Anmarsch sein. Spielt ja keine Rolle. Tausende sollen warten, wenn ein hohes Tier kommt.

Das Warten dauerte und dauerte und dauerte und die Sonne brannte auf meinen Ruecken. Mein „Gring“ wurde immer wie roeter. Schliesslich sagte ich meiner Frau, dass ich aussteigen und zu Fuss zurueck laufen wuerde. Sie schaetzte diese Idee nicht besonders. Also liess ich es sein und ueberlegte mir dafuer, ob ich dem hohen Tier meinen entbloessten Hintern zeigen sollte. Schliesslich schloss ich einen Kompromiss. Ich drehte ja dem ganzen Tamtam ohnehin den Ruecken. Also wuerdigte ich das hohe Tier, als es im Wagen vorbeirauschte, einfach mit keinem Blick. Selber schuld, wenn es mich nicht gesehen hat.
Es stellte sich heraus, dass es eine der Prinzessinnen war, welche zum Dusit-Hotel fuhr um dort an irgend einem Kongress teilzunehmen. Das mit der Entbloessung waere somit keine gute Idee gewesen. Entweder wuerde ich hier „gesiebte Luft“ atmen oder bereits zurueck in der Schweiz sein.
Wer nun dachte, das Verkehrschaos wuerde sich schnell aufloesen, sah sich getaeuscht. Statt dass die Polizisten, welche dutzendweise untaetig herumstanden, halfen den Knaeuel aufzuloesen, ueberliess man alles Buddha. Wie lange es dauerte, bis wir schliesslich am Strand waren, weiss ich nicht. Ich schaute nicht mehr auf die Uhr.

Am naechsten Tag fuhren wir wieder zum Strand. Der Verkehr war zwar weniger stark und die Prinzessin (oder Prinzerin, wie meine gute thailaendische Freundin in der Schweiz wider besseren Wissens sagt – warum auch nicht, schliesslich habe ich auch einmal einem Welschen gesagt „il faut le schubladiser“; man muss flexibel sein); also, die Prinzessin blockierte diesmal keine Strassen. Aber der Verkehr im Kreisel war trotzdem chaotisch. Mit und gegen den Strom und quer durch, wie es gerade geht. Die aelteren Semester moegen sich vielleicht an den „Loeb-Egge“ in Bern um 1958 erinnern. Ungefaehr so sah es aus, nur dass sich hier kein Uniformierter die Luft aus den Lungen pfiff (das Gepfeiffe, und dazu erst noch unsinnig, findet dafuer auf den Parkings statt). Ob der Vergleich zwischen Verkehr im Kreisel und beim „Loeb-Egge“ beweist, dass Thailand ueber 40 Jahre zurueck ist? Ich glaube kaum, denn es duerften mehr sein.
Wie dem auch sei, als wir den Kreisel schliesslich ueberwunden hatten, stellte der Fahrer seinen Bleifuss auf das Gaspedal und legte los, dass es mich fast hinten aus dem Wagen „chutete“. Da ich weiss, dass am Ende der zum Meer abfallenden rund 300 m langen Strecke eine 90 Grad-Kurve folgt, wurde mir Angst und Bange. Ich hatte nicht unbedingt im Sinn, mit dem Taxi im Meer baden zu gehen. Also klopfte ich an das Rueckfenster des Fahrers und bedeutete ihm langsamer zu fahren. Statt dessen hielt er an und meine Frau musste ihm klar machen, dass er weiter fahren solle. Einmal ausgestiegen fauchte sie mich an, dass ich das nie wieder machen solle (kuerzlich stand naehmlich in der Zeitung, dass ein „Farang“ verhaftet worden war, weil er an das Fenster des Taxifahrers geboxt hatte). Ich fragte sie, ob sie denn lieber tot sei!  Das Resultat war, dass einige Zeit spaeter mein Blutdruck vor lauter Aerger rasant anstieg und ich aufpassen musste, dass mich die anderen Strandgaeste nicht als gekochten Krebs ansahen. Da half nur noch ein kleines  Glas Whisky „on the Rocks“. Nein, Spass beiseite, es lohnt einfach nicht sich aufzuregen. Man schadet nur sich selber. Aber die Konsequenzen muss man ziehen!

Peter Furer, Pattaya

 

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