Da und die Baufirma

Also, das habe ich mir eigentlich ganz anders vorgestellt. Ein Haus bauen ist nicht so schwierig. Man geht zu einem Architekten. Bespricht die Wünsche mit ihm und dann geht es los. Ja, ja. Bei uns ging das so:Zuerst haben wir uns einige Häuser angeschaut. Sich inspirieren lassen. Schöne Häuser. Immer die Frage nach dem Preis. Na ja, eigentlich recht günstig. Wer hat das gebaut? Ach so. Ja von dieser Baufirma haben wir schon gehört. Alles selber ausgedacht? Gute Ideen! Mensch ist das schön…usw.

Am Abend den Kopf voller guter und weniger guter Eindrücke. Ja, dieses Haus dort, hat uns gefallen. Nicht zu gross und auch recht günstig. Wir werfen die zuhause in der Schweiz gemachten Pläne über den Haufen und beginnen neu. Ich zeichne mit dem Computer. Und verwerfe. Zeichne neu. Welche Version ist jetzt die richtige? Irgendwann habe ich das Parterre und das Obergeschoss fertig. Damit kann zwar eine Baufirma nichts anfangen. Aber es ist besser als alles erklären zu müssen.

Mit diesen Zeichnungen hausieren wir bei verschiedenen Firmen. Irgendwann sitzen wir einem sympathischen Mann gegenüber. Ein Chinese. Sieht man sofort. Er ist der Chef dieser Baufirma. Aber von Architektur hat er keine Ahnung. Er ruft seinen Bauleiter. Der hat scheinbar schon mal Baupläne gesehen. Er versteht meine Zeichnungen so ungefähr. Ich frage: was wird das kosten? Der Chef: Das müssen wir rechnen. Kann ich verstehen. Ich denke mir, die müssen sowieso noch richtige Baupläne zeichnen und gehe nach Hause.

Am nächsten Tag gehen wir wieder hin. Er hat auf meinen Zeichnungen rumgesudelt. Bemerkungen gemacht, Masse eingezeichnet. Und nennt den Preis. Nicht schlecht, denke ich. Aber ich möchte auch wissen, was wir dafür bekommen. Baudetails, Wandstärken, Elektroplan, Dachkonstruktion etc. Aber das haben die nicht. ‚Wir können Ihnen ein Musterhaus zeigen. Das ist so gebaut, wie Ihr Haus sein wird.’ Okay, besser als gar Nichts. Wir gehen schauen. Ja, das sieht gut aus. Ich denke das ist in Ordnung. Aber ich möchte es schriftlich. Ja, ja, sagt der Chef. Können Sie haben! Wir sind zufrieden. Ich denke, jetzt wird endlich ein Plan gezeichnet.

Nach ein paar Tagen lädt uns der Chef zu einer weiteren Besprechung ein. Aber ich sehe immer noch keinen Plan. Ich frage mich langsam, wie wollen die denn bauen? Aber eben, solche Fragen stellt man hier lieber nicht. Ich denke mir, die haben ja auch schon Häuser gebaut. Und die sehen alle auch wie Häuser aus…
Wir einigen uns auf Ausbaudetails und so. Und gehen in ein Wat ungefähr eine halbe Stunde Autofahrt. Warum so weit? ‚Wir gehen immer dorthin’, sagt meine herzallerliebste kleine Frau Da. OK. Wieder ein ‚warum’ das ins Leere geht. Jetzt wird ausgiebig mit dem Abt über unser Haus diskutiert. Der nimmt ein leeres Blatt, zeichnet ein Haus nach seinen Vorstellungen. Legt die Himmelsrichtungen fest, wo die Schlafzimmer zu sein haben und wo der Eingang sein muss….usw. Die Anzahl der Säulen im Haus muss eine gerade Zahl sein. Sagt der Luang Por. Warum, sagt er mir nicht. Ist einfach so. Und er sagt auch, wann wir mit dem Hausbau beginnen müssen: Donnerstag, 9. November 09:19.
Jetzt habe ich also einen neuen Plan, auch die Uhrzeit des Baubeginns ist festgelegt. So geht das latürnich nicht, sage ich zu meiner herzalllerliebsten kleinen Frau Da. Ja, ja, beschwichtigt sie mich. Das mit dem Plan ist nur wichtig für die gerade Anzahl der Säulen im Haus. Was haben die immer mit ihren Säulen?

Am nächsten Tag fragt mich meine herzallerliebste kleine Frau Da ‚wieviele Säulen hat eigentlich unser Haus?’. Oh je, ich hatte schon im Wat im Kopf gezählt und war auf eine ungerade Zahl gekommen. Ich schwindle und sage: 14. Sie ist zufrieden. Aber das mit dem Baubeginn muss genau so sein, wie der Luang Por gesagt hat. Darauf besteht sie. Kein Problem, denke ich mir. Wenns Nichts nützt, so schadets auch Nichts.

Es ist Montag, 6.11. Am Tag nach der Hochzeit von Pom. Auf unserem Land ist noch nicht viel passiert. Aber wir wollen doch das Haus 150 cm anheben…. Jetzt muss Action her. Der Bauleiter kommt mit einem Gehilfen auf das Grundstück. Fragt wohin kommt das Haus. Ich deute auf die Stelle. Ungefähr. Jetzt rennen die mit dem Massband durch die Pampa. Stecken Aeste in die Erde. Versetzen sie wieder. Und sagen irgendwann, wir sind fertig.

Ich wundere mich, weil der immer noch nur meine Zeichnungen in der Hand hält. Ich bin irgendwie zu müde um nochmal ‚warum’ zu fragen…. Der weiss schon, was er macht. Ich traue der Sache aber nicht ganz und will selber nachmessen. Das ist ja weit weg vom Rechten Winkel, stelle ich fest. Irgendwie trapezförmig oder so. Ich versetze die Eckpfosten bis es ungefähr ein Rechteck ergibt. Der Bauleiter ist zufrieden. Wir auch.

Irgendwie organisiert meine herzallerliebste kleine Frau Da, dass wir Erde bekommen. Jetzt rollen pausenlos Lastwagen mit Erde an. Eine Planierraupe sorgt für die richtige Verteilung. Der Boden wächst. Die ganze Nacht durch wird gearbeitet. Mit dem entsprechenden Lärm. Die armen Nachbarn! Am Morgen um 5 sind wir fertig. 150 cm höher. Und eben. Sogar waagrecht. Ich wundere mich.

Die Bauleute kommen und fangen an, auf dem Bauplatz einen Holzrahmen zu stecken. Nägel werden eingeschlagen, Schnüre gespannt, Pfosten eingeschlagen. Der Bauleiter gibt seine Anweisungen. Irgendwann fangen einige Leute an, wie wild Quadratmeter grosse Löcher in den Boden zu graben. Mit Hacke und blossen Händen. Zwei Meter tief. Insgesamt 13. Für die tragenden Säulen. Ich hoffe, meine herzallerliebste kleine Frau Da kommt nicht auf die Idee, sie zu zählen…

Es wird Kiesel und Sand abgeladen. Ein Zementmischer installiert. Es ist Mittwoch abend. Meine herzallerliebste kleine Frau Da ist sehr nervös. Für den Baubeginn morgen müsse wir noch die Leute einladen. Da wird mit der Familie telefoniert, Nachbarn besucht, der Chef der Baufirma informiert. Ich schaue, dass ich nicht in der Schusslinie bin, und lasse der Sache ihren Lauf.
Donnerstag, 9. November. Meine herzallerliebste kleine Frau Da weckt mich um 6. Aufstehen! Sie muss auf die Baustelle. So früh? Um 7 Uhr fahren wir hin. Die Bauleute sind schon da. In den zwei westlichsten Säulenlöchern sind die Eisenskelette bereits westwärts geneigt eingelegt. Festlich geschmückt. Meine herzallerliebste kleine Frau Da hatte gestern das ganze Gold der Familie eingesammelt. Das hängt jetzt an diesem Eisen. Mit farbigen Bändern. Und einem Bananen- und Zuckerrohrschössling angebunden. Sieht festlich aus. Die Nahbarn haben Kokosmatten ausgebreitet. Teller stehen parat. Mat ist mit seinem Pickup mit grossen Körben mit Essen vorgefahren. Die Schwestern bringen Palmzweige und Blumen. Es sind viele Leute auf dem Rasen nahe der Baustelle. Alle schauen auf die Uhr. Noch 30 Minuten. Der Chef der Baufirma kommt. Mit seinem BMW.

Wir versammeln uns um die westlichste Säule. Zählen die Sekunden. ‚3…2…1’. 9 Uhr 19! Alle fassen das Eisenskelett an und richten es gemeinsam unter kräftigem Gebrüll auf. Im Loch steht ein Bauarbeiter mit Zement. Das Eisen wird ungefähr senkrecht fixiert. Die zweite Säule wird auch aufgerichtet. Ebenfalls mit grossem Geschrei. Und alle fassen wieder mit an. Wir werfen Münzen in die beiden Löcher. Und Blätter. Das bringt Glück und Wohlstand.

Jetzt geht’s zum Essen. Alle Sitzen am Boden auf den Kokosmatten. Essen, was angeschleppt wurde. Trinken Cola oder Wasser. Lachen und sind fröhlich. Das war also der Baubeginn. Der Chef sagt mir noch, dass ich jederzeit zu ihm kommen könne, wenn irgendein Problem auftaucht. Und fährt mit dem BMW davon. Und ich hoffe, dass die alle wissen, was sie tun….

Fortsetzung folgt!

 

Die Reise nach Pinang

Vor meiner Abreise nach Thailand habe ich mir vorgestellt, dass ich das Drei-Monats Visum für Thailand hier vor Ort erhalten kann. So reisten wir am Morgen früh nach Bangkok. Und sprachen beim Immigrationoffice vor. Eine grosse Schalterhalle. Von den hinter den Schaltern sitzenden Beamten sieht man nur die Frisur. So hoch sind diese Theken. Okay, wir gingen nun zu so einem Beamten und uns wurde sofort bewusst, dass wir in seinen Augen kleine Würstchen sind. Unfreundlich weist er auf die notwendigen Formulare hin. Wahrscheinlich ist dieser Mensch der Sprache nicht mächtig. Er deutet lediglich mit ein paar tierischen Lauten auf die auszufüllenden Stellen und wendet sich anderen Arbeiten zu. So stehen wir nun frustriert da und wissen noch nicht so genau, was die von uns wollen. Nun gut. Wir geben die ausgefüllten Formulare – Visaantrag für 3 Monate – dem Beamten zurück, bezahlen 500 Baht und warten und warten. Er winkt uns zu sich. Gibt meiner herzallerliebsten kleinen Frau Da meinen Pass wortlos zurück. Ich schaue hinein. Sehe aber nur eine Verlängerung um 10 Tage.

Jetzt platzt mir der Kragen. Ich spreche seinen Kollegen an einem anderen Schalter auf Englisch an. Der ist dieser Sprache scheinbar soweit mächtig, dass er mich verstehen kann. Ich weise freundlich aber bestimmt auf unser Problem hin. Klopfe dann noch ein paar doofe Sprüche. Das kann ich ja so gut…. Auf jeden Fall ist dieser Beamte bedeutend freundlicher und weist mich darauf hin, dass wir in Thailand selbst kein Residenzvisum für drei Monate erhalten können, sondern zu diesem Zweck bei einer Thai-Botschaft im Ausland vorsprechen müssen. Die Verlängerung kann ich dann jeweils bei ihm formlos einholen. Das tönt ja schon recht gut.

Wir verlassen den Ort des Grauens mit einem Liedchen auf den Lippen in Richtung Uebersetzungsbüro vis-a-vis. Die dort kennen das schon. Sehen wohl täglich Leute, die irgend ein Formular auf thailändisch übersetzen lassen wollen. Wir geben die Heiratsdokumente ab. In einer Woche sind sie übersetzt und werden uns per Post nach Hause geschickt. Prima!

Ich habe meiner herzallerliebsten kleinen Frau Da versprochen, dass wir ein paar Tage irgendwohin fahren. Einfach so. Jetzt haben wir sogar einen Grund. Wir verbinden das mit der Visum-Geschichte.

Die Entscheidung fällt auf Pinang, ein Touristenort im Norden von Malaysia. Hat auch ein Konsulat. Und ist nicht so weit. Die Tickets sind schnell gekauft und am 15.11. abends gehts ab nach Pinang. Flugzeit keine 2 Stunden.
Spät am Abend kommen wir an. Die haben eine Stunde später als Thailand. Die Einreise in diesem modernen Flughafen geht rationell und zügig. In Tücher gehüllte Moslem-Damen erledigen die Passkontrolle. Sie sitzen vor PCs mit Windows-Oberfläche. Ziemlich modern. Ich staune. Ich schleppe unseren Koffer vor das Terminal auf die Vorfahrt. Ich habe meiner herzallerliebsten kleinen Frau Da doch gesagt: nur wenig Kleider. Was hat sie wieder alles mitgenommen. Seufz! Ich rufe ein Taxi. Wir fahren nach Pinang. Ungefähr 45 Minuten. Ich habe keine Ahnung wohin. War noch nie hier. Also frage ich den Taxifahrer nach einem guten Hotel. Vielleicht mit 4 Sternen oder so. Wissend nickt er. Sagt ‚Okay’. Ich denke, er hat mich verstanden.

Es ist schon nach Mitternacht als das Taxi vor einem heruntergekommen Gebäude anhält. Angeschrieben ist Hotel Exotica oder so. Wir sind müde. Denken der Schein trügt vielleicht und klettern aus dem Taxi. Der äussere Schein trügt nicht. In der ‚Eingangshalle’ schläft ein Malayer auf einem Feldbett. In einer Ecke sitzen zwei am Boden und spielen irgend ein Spiel. Ich will zuerst das Zimmer sehen. Grauenhaft. Zwar sauber aber kein Fenster, Schrank Modell Erster Weltkrieg. Der hat auch schon bessere Tage gesehen. Das ‚Badezimmer’ eine Abstellkammer. Kanalisation am Boden quer durch den Raum. An der Decke eine verrostete Dusche. So habe ich mir immer die in den Jerry Cotton Romanen beschriebenen Kaschemmen vorgestellt.

Okay, wir sind müde und morgens um inzwischen 2 Uhr möchte ich nicht noch weitere Erkundungen machen. So beschliessen wir, eine Nacht zu bleiben. Wir schlafen in den Kleidern so gut es geht, weil wir die Tür nicht richtig schliessen können. Auch die Badezimmertür kann nur durch Einklemmen einer Illustrierten aus dem Flugzeug in geschlossener Stellung gehalten werden.
Am nächsten Morgen stehe ich bereits um 6 Uhr wieder vor dem Hotel. An Schlaf war nicht zu denken. Irgendwer hat die ganze Nacht fürchterlichen Lärm gemacht. Meine herzallerliebste kleine Frau Da steht neben mir. Wir wählen eine Himmelsrichtung und ziehen los. Gleich um die Ecke lacht und die Eingangshalle des Cititels entgegen. Ein sehr gutes Hotel. Wir sehen uns an. Kein Wort!
Das Zimmer ist schnell gebucht. Erstklassiges Zimmer. Wir gehen schlafen….
Am Nachmittag sehen wir uns Pinang bei Tag an. Wir heuern ein Taxi und lassen uns die Gegend zeigen. Wirklich schön hier. Die Leute sind nett und gesprächig. Während der Fahrt erklärt mir der Taxifahrer in gutem Englisch alles was ich wissen und nicht wissen will über Malaysia und Pinang.

Am nächsten Morgen fahren wir zum Konsulat. Jede Menge Leute. Aus allen erdenklichen Ländern. Man spricht miteinander während man wartet. Formular ausfüllen. Fotos beilegen. Fotos? Habe ich keine. Also mit einem der bereitstehenden Taxis in die Stadt zum Fotografen. Die kennen das Problem offenbar. Schnell zurück und Foto abgeben. 110 Ringgit hinblättern, so ca. 50 Franken. Am nächsten Tag kann ich mein Visum abholen. Alles scheint prima zu klappen.

Wir gehen in ein Restaurant essen. Vorzüglich. Ueberhaupt fällt mir auf, dass hier in Malaysia alles sehr sauber ist. Auch der Lärmpegel ist sehr niedrig im Vergleich zu Thailand. Auch die Luft ist sauber. Kein Gestank. Kein Diesel-Qualm. Wir gehen wieder auf Tour und am Abend in einem feinen Restaurant essen.

Am nächsten Morgen holen wir das Visum. Ich staune. Ein ganzes Jahr kann ich nach Thailand ein- und ausreisen. Kein Problem. Ich freue mich. Alle haben gesagt, das erste Visum ist immer nur für 3 Monate. Nicht bei mir. Wahrscheinlich haben dem Beamten in der Botschaft meine dummen Sprüche Eindruck gemacht oder so. Auf jeden Fall ist alles bestens gelaufen.
Im Taxi zurück sage ich dem Fahrer, er soll uns beim besten Restaurant der Stadt abladen. Wirklich dem Besten und Teuersten. Wir wollen das Jahresvisum feiern. Der sagt: Okay. Ich denke er hat mich verstanden. Nach einer längeren Fahrt halten wir vor dem ‚Kentucky schreit Ficken’ (oh sorry, ich habe da wahrscheinlich ein paar Werchstaben verbuchselt….). Ich denke mir noch, ich gehe sofort in einen Englisch-Kurs. Mich versteht hier offenbar keiner. Vielleicht war das auch der Grund für das aussergewöhnliche Visum…
Wir gehen trotzdem bei KFC essen. Es schmeckt nicht schlecht. Wir lachen über das Erlebte und haben es gut. Den Abend verbringen wir am Meer in einem Cafe. Das Wetter ist leider schlecht. Es regnet. Trotzdem sind wir glücklich. Meine herzallerliebste kleine Frau Da vor allem.

Am Samstag fliegen wir zurück nach Bangkok. Ploy, die Tochter von Da, erwartet uns schon am Flughafen und wir gehen ins Bentley Pup Mittagessen. Der Bus nach Korat braucht ungefähr 3 Stunden. Unterwegs zeigen sie einen lustigen Film. Der ganze Bus grölt schenkelklopfend. Ich finde den Film eher blöd als lustig. Aber die Thais lieben es einfach. Slapstick ist angesagt. Schlafen kann ich in dem Lärm sowieso nicht. Also schaue ich aus dem Fenster. Das ist lustiger als dieser Film. Denn wir befinden uns mit dem Bus ja inmitten des thailändischen Strassenverkehrs…

UB.

 

Die Thais und die Technik

Die Thailänder sind in den letzten Jahren von einer Technikwelle überschwemmt worden. Was bei uns in Europa über ein Jahrhundert kontinuierlicher Anpassung über 5 Generationen Zeit hatte, brach über die Thais in kürzester Zeit herein. Alles quasi auf einmal. Vom elektrischen Strom über Telefon bis zur Sony Playstation II, DVD und sonstigen nützlichen und unnützlichen Gerätschaften.

In vielen Familien vergingen nicht einmal 30 Jahre von der Petrollampe bis zum Handy. Oder vom Ochsenkarren bis zum Pick-up. Alles was verfügbar ist, wird auch eingesetzt. Muss man unbedingt haben. Natürlich fast immer auf Kredit.

Ueber den sinnvollen Einsatz der Technik macht sich hier so ziemlich niemand Gedanken. Die Kluft, zwischen der ländlichen und städtischen Bevölkerung ist in diesem Bereich kleiner als vermutet. Aber nicht zu übersehen. Die Thailänder haben keine ‚Technik-Kultur’. Wenn es sowas überhaupt gibt. Auf jeden Fall ist auch hier Handy-am-Ohr angesagt. Vor allem bei der Jugend. Pager haben die sowieso alle schon lange. Zuhause steht ein modernes Fernsehgerät mit allen Schikanen. Vater hat den Kindern natürlich die neusten Videospiele angeschleppt. In Papi’s Pick-up ist ein All-Super-Special Radio eingebaut. Womöglich mit CD-Wechsler. An der Fassade des Hauses ist ein Satellitenspiegel angebracht. Oder im Garten steht ein 3-Meter Ungetüm, weil der Händler gesagt hat, das braucht man.

Das diese Technik flankierende Massnahmen erfordert, weiss keiner. So gerät das Fernsehbild bei jedem vorbeifahrenden Auto aus den Fugen. Ist ja nicht entstört. Das Auto. Oder der Töff. Die Stereoanlage scherbelt, weil die Boxen nur schön aussehen, aber Nichts dahinter ist. Selbst die Radiostationen senden in einer misserablen Qualität. Aber das stört hier keinen. Die Fernsehantennen auf den Dächern werden nach verfügbarem Platz zurechtgebogen. Oft selbst von den Fernsehinstallateuren. Habe ich selbst gesehen.

Wenn eine Anlage sagen wir 100 Watt auf die Waage bringt, dann müssen diese 100 Watt auch an den Mann oder die Frau gebracht werden. Selbst im Warenhaus ist man umzingelt mit Gedröhne aus allen Ecken.
Den Vogel abgeschossen hat ja hier das Militär. Die haben gehört, dass es sowas wie Flugzeugtröger gibt. Müssen die haben. So hat man in USA (wo denn sonst!) ein solches Ungetüm geordert. Als es ans Bezahlen ging, fehlte das Geld. So hat man flux dem Emir von Brunei telefoniert und ihm für 10 Jahre gratis Reis versprochen, wenn er die Rechnung für den Flugzeugtröger bezahlt. Hat er dann auch gemacht. Nun steht das grosse Schiff in irgend einem Hafen. Ueber die Verwendung wird noch nachgedacht…

Viele Autos und Motorräder hat nicht mehr den Originalauspuff. Und das hört man. Ist ja Nichts dabei. Es trägt das Seine dazu bei, dass hier der allgemeine Lärmpegel sehr hoch ist. Die Kinder spielen am liebsten mit Spielzeug, welches Lärm macht. Da sind die automatischen Kindergewehre hoch im Kurs. Das knattert und knallt so richtig nach dem Geschmack der Thais. Ich denke, darum hören auch viele Thais so schlecht. Je lauter desto besser!

Ich möchte nicht den Eindruck hinterlassen, dass das alles Unerträglich ist. Man kann sich daran gewöhnen. Den kritischen Anmerkungen eines Farang zu diesem Thema stehen die Thais zwar freundlich aber dennoch mit Unverständnis gegenüber. Vielleicht könnte man noch lange bei diesem Thema verweilen, aber es langweilt mich. Da erfreue ich mich lieber an den täglichen Erlebnissen. Davon wird dann meine nächste ‚wahre Geschichte aus Thailand’ wieder berichten.

UB.

 

Die Thais und der Abfall

Wir befanden uns in Nongbualamphu an einer Strasse und warteten auf ein Sammeltaxi, das uns zu Noi’s Dorf zurückbringen sollte. Es war ein anstrengender Nachmittag gewesen. Ich wurde von meiner lieben Frau Noi während Stunden über den Markt gehetzt. Jedenfalls kam es mir wie eine Ewigkeit vor. (Der geübte Leser merkt sofort; Dieser Mann geht nicht gerne einkaufen)!?!Dementsprechend durstig wartete ich nun auf dieses Sammeltaxi. Ich sichtete einen Verkaufsstand, wo erfrischende Getränke angeboten wurden. Ich entschloss mich für ein Coca Cola, das mir nach thailändischer Art in einem Plastikbeutel, verschlossen mit einem Gummi und versehen mit einem Strohalm überreicht wurde.

Es erfordert ein wenig Geschicklichkeit, den Beutel mittels dem Gummi, der mit einem Finger gehalten und mit dem Daumen ausbalanciert wird, zu halten. Selbstverständlich war es mir gelungen dies zu tun und ich genoss mein Cola versetzt mit halb geschmolzenem Eis nach Thaiart.
Da kam auch schon das Taxi oder besser gesagt der umgebaute Pic-up! Wir hatten Glück, gerade noch Platz für 2 Personen, wenn man zu sitzen gedenkt. Im Laufe der Fahrt kamen allerdings noch etwas 10 Thais hinzu. Sie hingen einfach links und rechts und hinten am Auto und so…
Wir hatten den Qualm der Abgase dieses Dieselfahrzeugs nun nicht, wie in einer von Urs Bärtschi’s Geschichten vor uns, sondern wir durften sogar mitten drin sitzen.

Also, da sassen wir nun und liessen uns durchschütteln. (Der geübte Leser erinnert sich an die Geschichte von Urs Bärtschi, wo er verlauten lässt, dass die Strassen in Thailand ab und zu mit Löchern versehen werden).Ich trank mein Cola aus dem Plastikbeutel so lange, bis die Cola alle war und nur noch der leere Plastikbeutel mit dem herausragenden Strohhalm an meinem Finger hing. Und der hing nun da!! Fünf bis zehn Minuten später, (er hing immer noch da..) bemerkte ich, dass zwei Frauen, die mir gegenüber sassen, miteinander tuschelten und ständig zu mir rüber schauten. Ich war natürlich schon etwas stolz, dass ich die Aufmerksamkeit der Thais erregen konnte und dachte es läge wohl an meinen balance Künsten mit meinem leeren Colabeutel.
Dann aber schwappte die Aufmerksamkeit der Fahrgäste über. Die ganze Reihe, die auf meiner Seite sass, beugte sich vor um mich anzusehen. Dann plötzlich, schallendes Gelächter und sogar meine liebe Frau Noi lachte mit. Hatte ich vielleicht etwas am Auge oder so..?Ich fragte meine liebe Frau Noi, warum denn so gelacht würde und sie meinte, die Leute verstünden nicht, warum (ja, warum…) ich meinen leeren Beutel immer noch am Finger hängen habe und ihn nicht einfach aus dem Auto werfe.

Ich sagte ihr, dass ich den Plastikbeutel nicht einfach so wegwerfen würde, weil ich die Umwelt nicht verschmutzen wolle. Meine liebe Frau Noi, ich das ihr das Unverständnis an, erklärte den Leuten die Situation. — Wieder schallendes Gelächter! Nun fingen sogar die am Pic-up „hängenden“ Mitfahrer an, sich für mich zu interessieren.

Es entfachte eine heftige Diskussion, immer wieder hörte ich „Falang, Falang…, gefolgt von nun grölendem Gelächter. Dann deutete einer der Fahrgäste auf die Strasse. (!)

Ich fragte meine liebe Frau Noi erneut, was denn jetzt wieder los sei, (der Beutel hing immer noch…) und sie meinte, die Leute sagen es liegen ja schon viele Plastikbeutel auf der Strasse. Tatsächlich!!Als ich raus schaute sah ich, soweit das Auge reichte, lauter Plastikbeutel auf der Strasse liegen. (Ob es sich um Cola-, Fanta- oder Spritebeutel handelte, konnte ich nicht erkennen).

Ich blieb jedoch standhaft, nahm meinen Beutel mit und entsorgte ihn schliesslich bei meiner lieben Frau Noi zuhause… gefolgt von lautem Gelächter… nun sogar von meiner eigenen Familie im Dorf.

U.B.

 

Eu und die Hunde

Thailand hat so ungefähr 60 Mio. Einwohner. Und 20 Mio. Hunde. Woher die alle kommen, weiss ich nicht. Auf jeden Fall hat so ziemlich jede Familie hier mindestens einen Hund. Nein, so ist das nicht. Mindestens jeder Hund hat hier eine Familie. Oder so. Die Hunde suchen sich nämlich ihre Menschen selber. So gibt es denn auch die besitzende und die besitzlose Klasse. Bei den Hunden. Die einen abgemagert bis auf die Knochen. Liegen auf den Strassen herum. Manche ohne Fell, weil ihnen die Haare ausgefallen sind. Krankheiten beuteln diese armen Geschöpfe. Diese Hunde haben keine Menschen. Sie wagen sich nicht in die menschliche Gesellschaft. Angst vor Verachtung, weggeschickt werden. Vielleicht auch Fusstritte oder Schläge.

Die anderen wohlgenährt. Lümmeln auf den Treppen vor den Häusern herum. ‚Ja, sieht her, ich habe einen Menschen. Und der ist gut zu mir.’ Auch wenn das so nicht stimmt, der Hund bildet sich das zumindest ein. Wenn dann sein Mensch erscheint, zieht er die Show ‚ich bin sein bester Freund’ ab. Für die anderen Hunde.

Wehe wenn sich einer der unterprivilegierten Köter in die Nähe eines Gartens im Besitz eines Karriere-Hundes wagt. Was heisst hier Besitz. Der darf vor der Gartentür liegen. Wird nicht weggeschickt und bekommt auch zu Essen. Aber eben. Er bildet sich ein, das sei das höchste der Gefühle. Und verteidigt so seinen vermeintlichen Besitz gegen diese rumstreunenden, nichtsnutzigen Strassenvagabunden. Die sollen sich selber einen Menschen nehmen……
Ja, und da gibt es noch die Oberklasse. Das sind die Hunde, welche sich eine Familie leisten können. Schlafen im Haus. Oder zumindest im Garten. Werden verhätschelt, herumgetragen und gebadet. Essen aus der Büchse. Aus sauberen Tellern. Die habens aber gut!

Wenn der unbarmherzige thailändische Winter zuschlägt. Mit Temperaturen unter 20 Grad. Und einem frostigen Nordwind. Dann bekommt Hundchen oder Hund ein T-Shirt von Papi angezogen. Damit er sich nicht erkältet. Der Hund. Da steht dann drauf ‚NO PROBLEM!’ oder ‚FRUIT OF THE LOOM’ oder so. Auf jeden Fall sieht es zum Grölen aus. Zum Glück kann man die meisten Aufdrucke nicht lesen, weil die wenigsten Hunde den aufrechten Gang beherrschen…..
Das schrillste was ich gesehen habe, war ein T-Shirt mit dem Aufdruck: ‚Du mich auch!’. Getragen von einer Mischung aus Dobermann, Zwergpinscher und Cocktail-Spaniel. Aber der Hund machte sich Nichts draus.

Also, Eu habe ich bereits erwähnt. Sie ist unsere Nachbarin und die Schwester von Rang. Dem Zaun-Menschen. Aus irgend einem Grund haben gleich 5 Hunde Eu als Mensch genommen. Und das geht dann drunter und drüber bei ihr zuhause. Diese Hunde sind in der Kategorie ‚besser eine Taube auf dem Dach als eine Stumme im Bett’ angesiedelt. Sie dürfen im Garten, aber vor dem Haus wohnen. Bekommen gelegentlich zu essen. Und dürfen bei den Enten, Gänsen und Hühnern nach dem Rechten sehen.

Wenn Eu mit dem Motorrad nach Hause kommt, dann geht das Hallo drüben bei ihr los. Einer der Hunde erkennt das Geräusch ihres Motorrades. Das ist der Hund, der es nicht an den Ohren hat. Alle rennen sie los. Ihr entgegen. Dann kommt das Motorrad mit Eu und den Hunden nach Hause. Vorne auf dem Motorrad hängt Eu’s Tochter. Klammert sich an den Lenker. Als Knautschzone für Mami. Eu hat sie in der Schule abgeholt. So wie fast alle Thai-Mamis und -Papis ihre Kinder in die Schule bringen und sie am Abend wieder abholen. Jeden Tag. Mit dem Auto oder dem Motorrad.

Die Köter der unterprivilegierten Klasse liegen mit Vorliebe auf den meistbefahreren Strassen herum. Wenn ein Auto daher kommt, so machen sie vorerst keinen Wank. Bis sie das vom Motor tropfende Oel riechen können. Oder so. Dann bequemen sie sich gemächlich, auf die Seite zu gehen. Wahrscheinlich haben sie das in der Sparkassen-Werbung gesehen. ‚Wir machen den Weg frei!’.

Manchen Hunden gelingt das nicht rechtzeitig, weil gewisse Leute nur Hupen anstatt zu bremsen. Da hier aber sowieso viel gehupt wird, sind die Hunde immun dagegen und werden dann halt überfahren. Es gibt immer mehr Autobesitzer, die ihre geliebten Pickups mit Ramm-Stosstangen ausrüsten. Schlechte Karten für schwerhörige Hunde…

Ich muss Euch noch von ‚Hund’ erzählen. ‚Hund’ ist ein Hund. Hättet Ihr nicht gedacht, oder? Nein, also im Ernst. Eines Tages kommt ein Hund auf die Baustelle. Eine Mischung aus Spitz, Dalmatiner und irgend einem anderen Tier. Und irgendwie hat sich dieser Hund gerade mich als seinen Menschen genommen. Er ist ein Hund der Sorte Mittelschicht. Hat ein Zuhause. Bekommt auch mal zu essen. Wird aber nie gestreichelt. Er wohnt schräg gegenüber. Und ich nenne ihn einfach ‚Hund’. Weil hier kein Hund ‚Hund’ heisst.
Meine herzallerliebste kleine Frau Da hat keine Freude daran, dass ‚Hund’ immer bei uns ist. Dass ich ihn ab und zu streichle. Mit ihm spiele. Er verfolgt mich auf Schritt und Tritt. Manchmal gebe ich ihm auch zu essen. Wenn ein anderer Hund kommt, so von der Sorte ‚schau mir unter den Schwanz, Kleiner!’, dann flüchtet er immer zu mir. Es weiss schon, dass ich die Hundesprache beherrsche und in vor Ungemach beschütze. Dann streichle ich ihn und er beruhigt sich wieder. Aber nicht meine herzallerliebste kleine Frau Da. ‚Bevor du mich anfasst, wasch dir die Hände, Die Hunde in Thailand sind alle krank. Haben Flöhe, Läuse und sonstiges Ungetier im Pelz. Sag mal, muss dass denn sein…’ usw.
So wasche ich mir halt täglich fünfzigmal die Hände. Mit Wasser aus unserem Teich. Das ist zwar vermutlich schmutziger als der Hund. Aber ich habe dem Wunsch meiner herzallerliebsten kleinen Frau Da genüge getan.

UB.

 

Gae oder ‚wie baut man ein Haus ohne Lot und Wasserwaage’

Ich habe ja schon in der Geschichte ‚Da und das Haus’ erzählt, wie das mit dem Hausbau angefangen hat. Inzwischen sind die Positionen bezogen. Es wird von morgens 8 Uhr bis abends 18:00 auf der Baustelle geschuftet. Im wahrsten Sinn des Wortes: planlos! Denn ich habe immer noch keinen Bauplan gesehen. Und auch keine Wasserwaage. Obwohl inzwischen der Sockel für das Fundament sowie die senkrechten Säulen in Zement gegossen sind. Erstaunlicherweise sieht es ziemlich senkrecht und waagrecht aus. Und ich erkenne langsam unser Haus in Grundzügen. Da staune ich aber…Die Bauleute werden hier in Thailand von den Baufirmen aufgeboten. So quasi in Unterakkordanz. Nur der bereits erwähnte Bauleiter gehört zum Inventar. Also arbeitet bei uns eine ganze Familie. Vater Gae, seine Frau, 3 erwachsene Kinder mit ihren Partnern. Einigen Tanten und Onkeln und so. Und dann ist da noch Michael Schumacher. Ich nenne ihn so, weil er eine wirklich verblüffende Aehnlichkeit mit uns aller Michael hat. Ich habe ihm das auch gesagt. Er konnte vor Stolz kaum mehr gehen.

Da der Bauleiter eigentlich selten auf der Baustelle ist, hat Gae so das sagen. Das Problem ist, er hat keinen Bauplan. Und weiss auch sonst nicht so recht Bescheid über die Details. Mehr ein Mann für’s Grobe. Aber sehr nett und freundlich. Und man sieht schon, diese Menschen haben schon einige Häuser gebaut. Flink, erstaunlich produktiv und eigentlich recht effizient.

Ich muss an dieser Stelle Rang erwähnen. Er ist ein Eingeborener. Wohnt ganz in der Nähe der Baustelle. Irgendwann im Frühjahr haben wir uns kennengelehrnt. Ein netter, arbeitsloser, hilfsbereiter und zuverlässiger Kerl. Wir haben ihn im Laufe der Zeit so quasi zu unserem Vertrauensmann ernannt. Er bekommt auch Geld dafür. Er macht seine Sache wirklich gut. Organisiert die notwendigen Hilfskräfte für alle anstehenden Arbeiten. Er kennt hier jeden und alles. Und rennt herum für uns. Fährt hierhin und dorthin mit dem Motorrad. Und er hat meine ‚Baupläne’ verstanden. Hoffe ich…

Für den Betrieb des Zementmischers musste Strom her. Rang ist mit dem Motorrad verschwunden. Kommt nach ein paar Minuten mit einem Pickup im Schlepptau zurück. Hinten auf dem Pickup ein Holzmast oder besser ein Baumstamm. 6 Meter. Der Mann vom Pickup und Rang fangen an ein Loch zu graben. 1 Meter tief. Für den Mast. Der steht nun an der Strasse, vis-a-vis der Stromleitungen.

Der Mann mit dem Pickup geht. Rang auch. Nach einer Weile kommt er mit einem Mann auf dem Rücksitz zurück. Ein Elektriker. Mit der Lizenz, öffentliche Leitungen anzapfen zu dürfen. Vielleicht dürfen hier das alle. Ich weiss es nicht.
Es werden zwei schwarze Kabel quer über die Strasse gezogen. Am Holzmast befestigt und in unserem Garten an einem Baum angebunden. Der Zähler montiert. Fertig! Ich will eigentlich noch nach der Erdung fragen, aber ich glaube ich lasse das besser…

Jetzt haben die vom Bau auch Strom. Wasser? Wir haben ja unseren Teich. Also Wasser von dort. Tauchpumpe haben die. Einen langen Schlauch auch. Meine herzallerliebste kleine Frau Da schickt Rang zum Wassermann. Dieser Mensch macht hier alle Trinkwasserlöcher im Dorf. Er kennt sie alle. Die Wasserlöcher. Er kommt, fragt, wo soll das Wasserloch denn sein. Ich entscheide Ruck-zuck. Und er geht wieder.

Am nächsten Tag kommt er mit 5 Leuten. Vom Nachbarn wird Wasser angezapft. Natürlich ohne zu fragen. Und nun wird gebuddelt. Das heisst, eigentlich wird mit Muskelkraft ein Wasserrohr unter stetigem Wasserdruck von einer Motorpumpe in die Erde gedreht. Und das bis zu 60 Meter. Ich staune einmal mehr. Das Bohrwasser strömt oben aus dem Bohrloch, wird in einem Becken aufgefangen und über die Pumpe erneut in das Bohrloch gedrückt. Das geht recht schnell. Er hat 2 Tage gesagt. Aber bereits am Nachmittag stossen die auf Grundwasser. Wir sind bei 23 Metern. Er sagt, weiterbohren bringt Nichts. Das sind so Wasseraugen, wie er sagt. Und wir werden kein Problem mit Wassermangel haben. Er muss es ja wissen. Wir glauben ihm. Ich sage noch, wenn wir kein Wasser haben später, komme ich zu ihm zum Duschen. Er lacht und geht.

Unser Teich ist so 50 auf 30 Meter gross. Grundwasser. Damit wir den Ueberblick erhalten, heuert Rang 3 Männer an, welche die Uferböschung säubern. Und auch unter Wasser den Müll aufspüren sollen. Das machen die sehr gut. Schwimmen mit Lastwagenschläuchen im Teich herum. Lachen und sind fröhlich. Das Geld hat Rang auf 2000 Baht (80 Fr.) festgelegt. Das muss reichen.

Jetzt sieht unser Teich aus wie ich, wenn ich beim Frisör war. Zum Heulen. Aber die Natur wird das schon richten. Wie mit meinen Haaren auch. Wenn erst die Lotus-Blüten rumschwimmen. Und das Gras am Ufer spriesst, dann ist die Welt wieder in Ordnung.

eine herzallerliebste kleine Frau Da und ich machen es uns auf dem Bauplatz unter einem Mangobaum jeweils gemütlich. Zwei Liegestühle, einen Tisch. Und ein Auto voll Esswaren. Vor allem Gemüse. Meine herzallerliebste kleine Frau Da liebt ja bekanntlich Gemüse über alles. Hier sind wir im Schatten und haben alles unter Kontrolle. Sehen Gae beim Zuschneiden der Eisenstangen, Rang beim Lamentieren mit der Schwimmmannschaft und unsere schöne Nachbarin beim Wäscheaufhängen.

Uebrigens haben wir Rang den Auftrag zum Bau des Zauns um unser Grundstück gegeben. 308 Meter Zaun. Das macht er jetzt zusammen mit zwei Menschen aus dem Dorf. Die 150 Zaunpfosten aus Zement sind schon da. Alle zwei Meter ein Loch. Die haben gestern damit angefangen.

Die Baumenschen haben eine kleine Holzhütte gebaut. Unmittelbar neben der Baustelle. Dort schläft einer der Familie mit seiner Frau. Zum Bewachen der Maschinen und Bauteile. Hier in Thailand wird geklaut wie bei den Raben. Ich habe bemerkt, dass in der Nacht sogar Leute in unserem Teich fischen kommen. Na sowas! Und Kokosnüsse haben sie auch schon mitlaufen lassen. Wie wird das wohl enden. Vielleicht müssen wir den Zaun unter Strom setzen. Ich habe so an 2000 Volt gedacht. Oder einen Minengürtel dem Zaun entlang. Kampfhunde wären auch nicht schlecht. Ein Gewehr mit Schrotmunition macht sicher Eindruck…Auf jeden Fall werden wir uns etwas einfallen lassen müssen….

Fortsetzung folgt!

UB.

 

Mat und der Lastwagen

Ich bin mit meinem Schwager Mat irgenwohin gefahren. Mit meinem Auto. Er sass vorne neben mir. Wir fuhren so mit 80 über die Mitrapap, eine Art Schnellstrasse. Aber das wäre dann schon die nächste Geschichte. Also. Während wir so dahin holpern, taucht am Horizont ein Lastwagen auf. Aus seinem Auspuff quillt schwarzer Dieselruss. So wie eine Dampflok in früheren Zeiten. Er fährt ziemlich langsam in gleicher Richtung wie wir. Schnell haben wir ihn eingeholt und sind jetzt direkt hinter ihm. Es entspinnt sich folgender Dialog zwischen Mat und mir: „Das ist ja scheusslich!“, sage ich. Nach einer ziemlichen Weile: „Was?“. Ich fühle, wie er nachdenkt, was ich wohl gemeint haben könnte. Ich dopple nach: „Dieser Lastwagen da vorne. Dieser Qualm!“. Es folgt wieder eine Pause. Mat studiert offenbar, was mir an diesem Lastwagen nicht gefällt. Der dichte Qualm macht den Tag zur Nacht. Nach einigen Augenblicken Mat: „Der ist halt alt!“. „Aber muss ein alter Lastwagen denn so viel Dreck rauspusten!?“ frage ich Mat. Oder vielleicht auch mich selbst. Mat lächelt mich an: „Der hat halt kein Geld einen neuen Lastwagen zu kaufen“. Ich dopple nach: „Das kann man doch sicher einstellen. Oder reparieren!“. „Ja, kann man“, bestätigt Mat. „Warum tut er das dann nicht?“ – „Weil er keine Zeit hat – wahrscheinlich“. Ich denke an Europa und frage zurück: „Gibt es niemand, der das kontrolliert? Was sagt die Polizei dazu?“. Mat lacht laut. „Die Polizei…“. „…oder so eine Art Motorfahrzeugkontrolle.“ dopple ich nach. Ich hatte schon mal gesehen, wie sie bei der Polizei in einem Werkhof Lastwagen kontrolliert haben. Ich dachte mir, das muss doch System haben. Aber hat es nicht. So wie vieles in Thailand. Mat sagt „Der spürt ja seinen eigen Qualm nicht. Der sitzt ja vorne drin. Kein Problem!“. Ich resigniere. Es ist manchmal besser die Frage ‚warum‘ aus dem Vokabular zu streichen. Die Antwort ist sowieso meist falsch. Oder wenn sie richtig ist, dann führt sie zu Depressionen…

UB.

Mem oder der Kunde ist König

Ich bin jetzt seit ein paar Wochen stolzer Besitzer eines Autos. Made in Thailand. Steht zwar Isuzu drauf. Aber nicht überall wo Isuzu draufsteht ist auch Isuzu drin. Also, diese Fahrzeug wird in Lizenz von einer Firma nahe Bangkok namens Thairung hergestellt. Der Motor kommt zwar von Isuzu, aber alles Andere ist Made in Thailand. Das muss ja nicht schlecht sein. Auf der Heckscheibe verkündet ein Kleber ISO9001 und daneben ‚OK Quality’. Oder so.

Ich muss vorausschicken, dass ich mit dem Auto eigentlich rundum zufrieden bin. Die haben ihre Sache bei Thairung nicht schlecht gemacht. Aber als ich das Auto abholte so vor 3 Wochen, suchte ich vergeblich nach einer Beleidigunsandienung. Oh sorry, Bedienungsanleitung. Ich fand im Handschuhfach stattdessen ein Manual eines Isuzu Pick-Ups.

Ich wurde getröstet. Das Büchlein kommt in ca. 1 Monat. Wurde mir gesagt. Weil das Auto soooo neu ist, wurde es nicht rechtzeitig fertig. Das Büchlein. Okay, damit kann ich leben. Dann weiss ich halt erst in einem Monat, wieviel Benzin mein Tank fasst oder wie der Reifendruck sein muss. Ein bisschen irritiert bin ich schon. Nun so denn.

Ich spiele nun mit meinem Auto munter mit im Spiel ‚dr Gschwinder isch dr Schnäller’ und geniesse die etwas erhöhte Aussicht auf die Artgenossen da draussen. Die Klimaanlage hüllt mich ein in eine angenehme Kaltluftwolke. Der Motor schnurrt vor sich hin und aus der 4 Kanal Stereoanlage ertönen Thai-Songs von Kassette. Radio ist nicht. Alle 30 Sekunden Werbung. Kein Musiktitel wird auch nur annähernd zuende gespielt. Darum Kassette.

Irgendwann zeigt ein Instrument an, dass das Auto Durst hat. Der Zeiger wickelt sich schon fast um den Buchstaben E. Also steure ich die nächste Tankstelle an. Gibt es hier in Hülle und Fülle. Nur 30 Liter passen in den Tank. Huh? Reicht ja kaum für 300 Kilomenter, stelle ich fest. Jetzt muss das Büchlein her. Koste es, was es wolle.

Ich sage zu meiner herzallerliebsten kleinen Frau Da, jetzt musst Du mal gucken, wie man das macht, mein Schatz. Wir fahren also gemeinsam zur Garage. Ich frage höflich nach dem Büchlein. Es gibt keins. Und wird nie eins geben. Nochmals: huh? Immer noch auf thailändisch aber nicht mehr ganz so höflich verlange ich nach dem Chef.

Es taucht eine adrette Dame auf. Sie ist der Chef hier und heisst Mem. Wir werden in ihr Büro gebeten und sitzen ihr nun gegenüber. Ich frage sie, ob sie der englischen Sprache mächtig ist. Ist sie. Also fange ich auf Englisch an, ihr höflich, aber mit dem mit-mir-ist-nicht-zu-spassen Blick, klar zu machen, dass ich darauf bestehe, eine Betriebsanleitung zu meinem Auto zu erhalten. Muss nicht auf Englisch sein. Aber eben, eine Betriebsanleitung oder so. Ich mache noch ein paar abfällige Bemerkungen über ISO9000. Und beende meine Rede mit einem versönlichen Lächeln.

Geduldig hört mir die Chefin zu. Sagt: ich kann Sie verstehen. Sie sind einfach der Erste, der das Büchlein verlangt. Aber Sie haben ganz recht. Auch ich würde an Ihrer Stelle darauf bestehen… Dem sagt man bei uns: eine offene Tür einrennen. Scheinbar schicken sich die Thais in solchen Fällen in ihr Schicksal und weinen ihren Kummer des Nachts in das Kissen. Statt auf ihren Rechten zu bestehen. Aber, die kennt hier sowieso kaum einer. Seine Rechte.

Also, die Chefin nimmt das Telefon in die Hand. Telefoniert mit Thairung. Verlangt den Marketing-Boss und scheisst den im wahresten Sinn des Wortes furchtbar zusammen. Ich konnte kaum glauben, dass diese aparte Dame über solchen Power verfügt. Die machte den armen Kerl am anderen Ende so richtig zur Schnecke: wie er sich das eigentlich vorstellt, ein Auto auf dem Markt zu bringen und nicht einmal ein Betriebshandbuch dazu bereitzustellen; sie erwarte innert Wochenfrist Bescheid. Und so weiter. Und so weiter.

Sie verlangt noch unsere Handy-Nummer und begleitet uns zur Tür: ’Sie hören von mir. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten…’ Ich kann nicht umhin, ihr das zu glauben. Sie wirkt so selbstsicher und seriös. Ich sage ihr noch, dass wir mit dem Service bisher eigentlich ganz zufrieden sind. Aber eben, ich will ein Betriebshandbuch. Ist nicht zuviel verlangt, oder? Nein, nein, gewiss nicht….

Vor ein paar Tagen hat uns die Chefin nun tatsächlich angerufen und uns informiert, dass bei Thairung die Druckerpresse angelaufen ist. Wahrscheinlich machen die jetzt ein Büchlein nur für mich. Auf jeden Fall stellt sie uns dieses für die nähere Zukunft in Aussicht. Was in Thailand ‚nähere Zukunft’ ist, werde ich irgendwann wissen. Sonst verlange ich, dass ein Mechaniker solange mein ständiger Begleiter auf allen Wegen ist, bis ich nicht mehr fragen muss: wie hoch ist der Reifendruck? wie schwer ist eigentlich mein Auto? oder wo ist der Wagenheber?, sondern alles selbst in der Bedienungsanleitung nachlesen kann….

UB.


Pom und die Hochzeit

Pom ist eine Nichte von Da. Sie ist 22 Jahre alt und arbeitet als Sekretärin für einen Anwalt. Am 5. November hat diese Pom nun geheiratet. Einen 28jährigen Polizisten. Man muss dazu sagen, dass ihr Vater Komet (der heisst wirklich so!) auch Polizist ist. Ein ganz normaler Streifenpolizist. Also, der Bräutigam von Pom heisst Pot. Und alle wohnen im Heimatort von Da, in Chumpuang. Dorthin gelangt man über eine Autostrasse. Aehnlich Autobahn, aber allen Verkehrsteilnehmern offen. Vom Fussgänger über Kinder-Dreirad, Eselskarren usw. bis zum hochmodernen, klimatisierten Linienbus. Es ist schon deshalb keine Autobahn in unserem Sinn, weil sie streckenweise übersäht ist mit Schlaglöchern. In manchen könnte man baden, so gross sind die. Also gut, wir nehmen den Weg mit Schwester Tom und deren Sohn Bom unter die Räder. Unser Auto hat ja 7 Plätze. Also reisen wir sehr bequem.

Es ist gegen Mittag. Meine herzallerliebste kleine Frau Da sagt, es sind schon alle Anderen dort. Zum Helfen. Eine Hochzeit gibt viel zu tun. Und es werden bis zu 450 Personen erwartet.

Nach einer guten Stunde Fahrt sind wir dort. Alles nochmal gut gegangen. Die Fahrerei hier ist schon eine nervenaufreibende Sache. Als wir aus dem Auto klettern, bricht das grosse ‚Hallo‘ über uns herein. Die kennen sich ja alle. Ausser mir. Ich habe die noch nie gesehen. Ich erkenne in der Masse Mat. Er winkt mir zu. Ich mache artig meine ‚Wai’s‘ und begrüsse Hinz und Kunz. Oder wie sie hier immer heissen mögen. Ich habe mich zu den Gastgebern Tim – Schwester von Da – und besagtem Komet (der heisst wirklich so – aber das habe ich ja bereits angemerkt…) durchgekämpft und ein paar artige Floskeln ausgetauscht. Wasser! Wasser! Temperatur so um 35 Grad. Von allen Seiten wird mit Cola, Wasser, Whisky und sonst noch so dubiose Flüssigkeiten gereicht. Ich nehme sie alle, um nicht jemand vor den Kopf zu stossen.

Das sieht da ja aus wie ein Restaurant. Der Garten ist leergeräumt. Auf dem Rasen steht ein Zelt. Viele Tische und Stühle. Ich zähle so ca. 60 Plätze. Auf meine stirnrunzelnde Frage, wo denn morgen Sonntag die restlichen 400 Menschen verköstigt werden, erfahre ich, dass wir dann in eine Sporthalle der nahen Schule dislozieren werden. Na gut.

Irgendwann hält ein klappriger Lastwagen vor dem Haus. Es werden Lautsprecherboxen ausgeladen. Und ausgeladen. Und ausgeladen. Ein Podest wird errichtet. Ein Verstärkerturm wird aufgebaut. 2000 Watt Leistung. Mir schwant fürchterliches. Die Strasse vor dem Haus ist jetzt zugebaut mit einem Lautsprecherturm. Noch haben wir keinen Strom. Zum Glück! Es werden Lampen installiert, Kabel gezogen, auf dem Dach rumgekrochen. Einer der Männer durchsticht an einigen Stellen die Isolation des Stromkabels mit Sicherheitsnadeln und dreht daran die Kabel der Lampen fest. Alles so 2 Meter über dem Boden. Jeder Lebensmüde hätte seine helle Freude an dieser Installation. Aber es funktioniert. Der Strom wird eingeschaltet. Irgendwo an einem Strommast ist das Kabel an die Leitungen angeschlossen worden. Das Zelt ist jetzt beleuchtet. Und jetzt dröhnt Thai Musik aus dem Lautsprecherturm. Fürchterlicher Lärm zwingt die vorne sitzenden Gäste in die hinteren Regionen. Ich gehe hin zu diesem Zwerg und frage, ob man das nicht auch in erträglicher Lautstärke haben kann. Antwort: wenn es nicht laut ist, ist es nicht gut. Ich entscheide mich zur Zurückhaltung und verdufte in grössere Entfernung.
Es ist jetzt schon Nachmittag. Viele fleissige Frauen wieseln in Tims Küche herum, tragen Wasser hin und her. Dazwischen ein paar Kleinkinder, Hunde und ein paar Hennen. Wo Hennen sind, ist auch ein Hahn nicht weit. Ah, da sitzt er ja auf der Gartenmauer und beäugt das Ganze misstrauisch. Soviele Leute auf einem Haufen hat der wohl noch nie gesehen. Und so einen Lärm sicher auch noch nie gehört.

Wir sitzen so in Gruppen zusammen. Natürlich am Boden. Wie es sich in Thailand gehört. Die Whisky Flaschen kreisen. Der Zustand der männlichen Gäste wird immer bedenklicher. Ich kann mich nur mit Mühe vom Alkohol fernhalten. Der ‚Farang‘ drinkt keinen Alkohol töne ich in die Runde. Damit es alle endlich kapieren.

Ich sehe einen, der aussieht wie der Bräutigam. Er ist noch normal angezogen. Jeans und so. Wir machen uns bekannt. Ich frage nach seinem Job, seiner Familie und so. Make Friends! Sein ‚Trauzeuge‘ ist schon mit 3 bis 4 Promille im Himmel. Er sitzt neben mir. Versucht seine spärlichen Englischkenntnisse an den Mann zu bringen. Aber ich verstehe nur Bahnhof. Seine Zunge gehorcht offenbar nur noch dem Schluckreflex.

Pot kennt Pom erst ungefähr 2 Monate. Die Eltern haben alles klar gemacht. Die Kinder werden hier nur nebenbei in die Entscheidung mit einbezogen. Normalerweise zahlt der Vater des Bräutigams an die Familie der Braut so um die 30000 Baht. Wahrscheinlich für ein schönes Mädchen ein bisschen mehr. Ich erfahre, dass er 50000 Baht bezahlt hat. So schön finde ich sie nun auch wieder nicht. Aber niedlich. Die Braut setzt sich zu uns. Es ist ihr offenbar peinlich, dass der Freund von Pot so zugedröhnt ist. Aber ich mache ein paar doofe Sprüche und sie ist zufrieden.

Langsam wird es abend. Ich habe sicher so 3 Liter Cola und sonstiges intus und mich mit den faul herumsitzenden Männern erschöpfend über meine Sprachkenntnisse unterhalten. Für tiefere Themen sind die alle bereits ‚über dem Jordan‘. Das Lieblingsgetränk ist ganz klar der Whisky. Ein furchtbares Gesöff. Made in Thailand.

Es ist jetzt Winter in Thailand. Am Abend wird es empfindlich kühl. So gegen 18 Grad. Die Thais holen ihre Pullover, Wollmützen und Handschuhe aus ihrem Gepäck. Das sieht zum Schreien aus. Ich in kurzen Hosen und T-Shirt. Mit mir und der Welt zufrieden. Und der restliche Haufen rennt herum wie Eskimos.
Der Tag geht zuende. Meine herzallerliebste kleine Frau Da und ich dürfen im Schlafzimmer von Teo schlafen. Ein tolles Privileg. Alle anderen schlafen irgendwo wo Platz ist am Boden. Ich muss den Wecker unseres Handys auf 6 Uhr stellen. Weil um 7 Uhr der Abt des nahen Thai-Tempels mit 8 Mönchen auftauchen wird. Dann findet die eigentliche Hochzeitszeremonie statt. So früh?
Wir schlafen sehr gut. Der bereits erwähnte Hahn weiss offenbar von der bevorstehenden Zeremonie und weckt uns vor dem Handy. Alles Gut. Ich gehe Duschen und mache mich hübsch. Oder versuche es. Alle Anderen sind auch schick angezogen. Die Frauen zumindest. Jede hat versucht, das Beste rauszuholen. Mit unterschiedlichem Resultat. Die Nachbarn, welche natürlich zuhause genächtigt haben strömen nun in Scharen zum Haus von Komet (der heisst wirklich so – ach das hatten wir ja schon….) und Tim.
Das Wohnzimmer ist jetzt zum Tempel umfunktioniert. Hat irgendwer in der Nacht wohl gemacht. Auf jeden Fall sehr schön. Ein Schrein steht in der Mitte des Zimmers. Davor zwei Kissen. Hinter dem Schrein sitzt der inzwischen eingetroffene Luang Por (Abt des Tempels) sowie 8 Mönche im Lotussitz in ihren gelben Gewändern. Alles sehr feierlich. Pot und Pom kommen herein. Sie sieht sehr schön aus. War sicher einige Stunden im Beautysaloon. Sie trägt ein Thai-Kleid aus Seide. Pot kommt im weissen Anzug. Schick sieht er aus mit seinen abstehenden Ohren und den kurzen Haaren. Sie knien hinter dem Schrein auf die Kissen. Neben Pot und Pom knien die Eltern links und rechts neben ihren Kindern.

Der Abt betet, es werden Glücksfäden gespannt, die Mönche singen. Alles mit Lautsprecher ins Freie übertragen. Nach ungefähr einer halben Stunde ist alles vorbei. Der Abt und die Mönche ziehen von dannen. Jetzt übernimmt der Zeremonienmeister das Kommando. Uebrigens ist der Trauzeuge immer noch besoffen. Hat vielleicht ein paar Promille weggeschlafen. Aber er sieht fürchterlich aus. Er blinzelt mir zu. Das kann er offensichtlich wieder.
Jeder Gast wäscht nun hintereinander die Hände des Brautpaares und wünscht mit ein paar Worten viel Glück für die gemeinsame Zukunft. Uebrigens dröhnt jetzt die Musik wieder nahe der Schmerzgrenze. Man versteht sein eigenes Wort nicht. Ich kann also in irgend einer Sprache ein paar Floskeln loswerden. Die können eh nichts hören.

So gegen 11 Uhr ist alles vorbei und wir können endlich etwas essen. Im Gartenzelt wird nun aufgetischt. Jede Menge Köstlichkeiten. Schmeckt wirklich hervorragend. Wer immer das gekocht hat, hat seinen Job gut gemacht. So sitzen wir bis gegen Abend in wechselnder Gesellschaft an den Tischen und schnabulieren, erzählen, lachen und haben es gut.

Der Abend naht. Ich muss mich schon wieder umziehen, sagt meine herzallerliebste kleine Frau Da. Also gut. Mache ich. Ich wechsle von schwarz auf weiss. Bewerfe mich mit Deo und schlüpfe in ein neues Hemd. Gar nicht zerknittert, fällt mir auf. Aha, das hat jemand noch gebügelt. Irgendwann. Prima! Wir gehen nun in die nahe gelegene Sporthalle der Schule. Alles schön gemacht. Viele Tische mit schönen Tischtüchern und Blumen. Eine Bühne mit Mikrophonen. Im Hintergrund entdecke ich ein Mischpult, Computer und einige Keyboards. Vor der Halle – ich muss noch erwähnen, die Hallen hier haben keine Seitenwände, wegen der besseren Belüftung – stehen jetzt zwei solche Lautsprechertürme. Ohne Uebertreibung hätte es für das Basler St. Jakobstation gereicht. Es ertönt Musik ab Band. Natürlich traditionelle Thai-Musik wie bei Komet (der heisst wirk….) und Tim zuhause.

Es gibt zu Essen, das Brautpaar muss ein paarmal auf die Bühne. Vater der Braut, eben Komet (der heis…) und der Vater von Pot halten eine kurze Rede. Vor allem Komet. Und wir bringen dem Brautpaar unsere Geschenke. Wir haben uns für Geld entschieden, weil wir keine Ahnung haben, was die brauchen könnten.
Ich sitze also gemütlich am Tisch. Geniesse das gute Essen und die angeneheme Tischgesellschaft. Da höre ich meinen Namen vom Zeremonienmeister über diese immense Verstärkeranlage. Was, wie, wo? Ich werde also auf die Bühne gezerrt und soll nun karaokemässig etwas darbieten. Oh, oh. Also spreche ich mit mit dem Tonmeister ab und wir einigen uns auf ‚My Way‘. Nur einen Titel. Okay…. Ich spreche kurz zu den mittlerweise 500 Gästen, erkläre, dass ich keinen Thai-Song singen kann und sie deshalb mit einem englischen Titel belästigen muss. Ich sagte auch, dass ich eigentlich völlig unvorbereitet vor ihnen stehe. Aber die Thais sind ja so freundlich. Es wird geklatscht und gelacht. Ich habe doch noch gar Nichts gemacht?

Ich trällere also My Way so gut ich kann. Wirklich erhebend so mit Open Air Ambiente und 6000 Watt im Rücken die eigene Stimme mit einer halben Sekunde Verzögerung zu hören… Es werden mir Rosen gereicht, die Leute stehen Schlange vor der Bühne. Ich habe das bei Udo Jürgens gesehen. Ich gehe artig an den Bühnenrand, mache meine Wais und nehme die Blumen entgegen. Ein schönes Gefühl. Einer streckt mir sein Whiskyglas entgegen. Auch daraus nehme ich anstandshalber einen Schluck.

Stecke das Mic zurück auf den Mikrophonständer. Nichts da! Die wollen eine Alles gut gegangen, ich Zugabe. Aber ich kann doch nur My Way….. Der Musicman hat blitzschnell Cotton Fields geladen und startet auch schon den Soundtrack. Ich gebe mein Bestes und rocke auf der Bühne herum was das Zeug hält. Ich mache den Clown. Aber das ist halt jetzt mein Schicksal, denke ich. Auch dieser Song geht mal zuende und ich schaue das ich nach ein paar Kop khun krap’s die Bühne verlasse. Das Spiessrutenlaufen zurück an meinen Platz erspare ich mir und gehe hinaus an die frische Luft.

Gegen Mitternacht verabschieden wir uns von ungefähr 200 Leuten. Zum Glück geben sich die hier nicht die Hand sondern machen das Remote mit Verbeugung. So erspare ich meiner Rechten Hand, 200 mal geschüttelt zu werden. Es war ein glückliches und interessantes Wochenende. Die Reise zurück geht problemlos. Ich habe ja Nichts getrunken. Wahrscheinlich bin ich der einzige nüchterne Verkehrsteilnehmer…So kommen wir gegen 1 Uhr am Montag Morgen in Korat an. Und die Hochzeit von Pom und Pot ist für uns Geschichte. Eben, diese Geschichte.

UB.

 

Rang und der Zaun

Nun basteln die also schon fast einen Monat an unserem Haus. Der Boden für das obere Stockwerk ist zementiert. Die Säulen für das Dach stehen. Senkrecht. Uebrigens bin ich jetzt dahinter gekommen, wie die Waagerechte ermittelt wird: ein durchsichtiger Schlauch wird mit dreckigem Wasser gefüllt. Dort wo an beiden Enden der Wasserspiegel im Schlauch ist, ist auch die Waagerechte. Angewandte Physik. Einfach und erst noch genauer als jede Wasserwaage. Auf jeden Fall hat Michael Schumacher und Co. bis jetzt ganze Arbeit geleistet. Diese Baumenschen arbeiten jeden Tag. Auch Samstag und Sonntag. So acht Stunden ungefähr. Allerdings sind die Mittags- und sonstigen Pausen heilig. Es wird immer gegessen in Thailand. Und immer Reis. Und ziemlich lange. Man sitzt am Boden im Kreis und löffelt seinen Reis. Oder die Reissuppe. Das machen wir auch. Vor allem meine herzallerliebste kleine Frau Da hat ständig Hunger. Dann braust sie mit dem Motorrad davon. Und kommt nach einer ziemlichen Weile mit Köstlichkeiten in durchsichtigen Plastiksäcken zurück. Allerdings muss sie mit sich alleine im Kreis sitzen. Ich kann nicht die ganze Zeit essen. Zudem sollte ich dringend abnehmen.

Also. Von Rang habe ich schon berichtet. Er macht den Zaun um unser Grundstück. Dreihundertundacht Meter. Der ist schon fast durch mit den Löchern für die Zaunpfosten. Nicht ohne kritische Bemerkungen unserer Nachbarn hinter dem Haus. Er solle sich gefälligst an die Grenze halten. Das haben die ihm gesagt, als wir nicht dort waren. Er war ziemlich eingeschüchtert als wir ankamen. Meine herzallerliebste kleine Frau Da ist dann schnurstracks zu den lieben Nachbarn gegangen und hat rumgepunkt. Das hättet ihr hören sollen. Sie beruft ein Meeting am Zaun ein. Deutet mit finsterer Miene auf die staatlichen Grenzmarkierungen. Bittet diese Menschen, zuerst nachzusehen, bevor man sich beschwert. Und überhaupt sollen sie gefälligst mit uns sprechen, wenn etwas anliegt. Und nicht mit Rang oder sonstwem. Der Grossvater der Grossfamilie besänftigt seine Untertanen. Alles ist wieder im Lot.
Da ist ein Mann namens Tschau. Er ist von Rang engagiert worden. Hilft beim Löcher machen. Bewegt Erdhügel und ist ganz geschickt im Sträucher und Bäume schneiden. Manchmal übertreibt er auch ein bisschen. Ich bin immer hinter ihm her, um das Schlimmste zu verhüten. Seine Frau heisst Mem. Meine herzallerliebste kleine Frau Da beschäftigt Mem für Pflanzarbeiten. Diese Leute leben ungefähr 300 Meter von uns entfernt. Ohne Strom, fliessendem Wasser und natürlich ohne Telefon. Gekocht wird auf Holzfeuer. Das einzige Fahrzeug der Familie ist eine Art Veloanhänger. Der wird für alle Transporte benützt. Brennholz, Zaunpfosten, Abfall.

Tschau hat so einen Gang, um den ich ihn beneide. Langsamer wäre Stillstand. Er ist sehr schweigsam. Zuerst habe ich gemeint, er sei vielleicht staubtumm. Aber ist er nicht. Er kann schon sprechen, wenn er will. Aber er will recht selten.
Die Kinder der Baumenschen wachsen sozusagen auf der Baustelle auf. Da Mami und Papi arbeiten, sind die Kinder natürlich auch dabei. Ich kann nicht mitansehen, wenn diese Knirpse zwischen Betonmischer und Baumaschinen rumkrappeln. Mit rostigen Nägeln spielen. Mit Armierungseisen auf einander eindreschen. Oder auf dem Baugerüst rumturnen. Aber es sind ja nicht meine Kinder. So wie der Nachwuchs im Auto immer vorne sitzt oder steht. Die Mutter sitzt dann dafür hinten. Oder auf dem Motorrad vor dem Vater oder der Mutter sich am Lenker festklammert. Ich frage mich: hassen die eigentlich ihre Kinder? Oder warum benützen sie diese als Knautschzone oder Airbag? Auch auf dieses ‚warum’ suche ich die Antwort natürlich vergeblich. Aber es geht mich ja eigentlich auch Nichts an….

Ich wollte eigentlich vom Zaun erzählen. Der ist nun schon fast fertig. Alle zwei Meter ein Pfosten. Dann werden Eisendrähte gespannt. So 1500 Meter oder so. Das blöde ist, dass dort wo jetzt der Zaun steht vorher unberührte Natur war. Diese ist zum grössten Teil verschwunden. Wir werden viel tun müssen, um das wieder gut zu machen. Eigentlich schade. Aber es ging halt nicht anders.
Die Nachbarn zur rechten Seite sind nette Leute. Die Schwester von Rang. Und 5 Hunde. Aber von den Hunden in Thailand werde ich eine andere Geschichte erzählen. Also, diese Eu ist zwar lieb. Aber furchtbar laut. Schon wenn sie aus ihrem Haus kommt, fängt sie an mit meiner herzallerliebsten kleinen Frau Da zu sprechen. So über 200 Meter. Und diese Lautstärke behält sie auch bei, wenn sie dann auf unserer Kokosmatte sitzt. Sie hat mir erzählt, dass sie kein Telefon besitzt. Braucht sie auch nicht. Man hört sie sowieso im ganzen Dorf.
Rang macht seine Sache sehr gut. Arbeitet genau und der Zaun ist wirklich gerade und senkrecht. Neben seiner Arbeit am Zaun hat er immer wieder zu tun mit den Baumenschen. Er sorgt für den richtigen Ton im Umgang mit diesen Spezialisten. Ich bin hier viel zu höflich. Mein Thai ist auch zu gut um Eindruck zu machen. Oder so. So ist Rang mein Sprachrohr. Wenn mir was nicht passt, dann sage ich es Rang. Der geht dann zu Gae. Das ist so die Hierarchie auf der Baustelle. Aber das ist auch gut so. Wenn wir im Dezember in die Schweiz zurückkommen, so muss ja jemand unsere Interessen vertreten. Er fängt lieber jetzt schon damit an. Dann kann eigentlich Nichts schiefgehen.
Den Bauleiter habe ich übrigens schon seit Tagen nicht mehr gesehen. Obwohl wir täglich von früh bis spät auf der Baustelle sind. Plan gibt es auch keinen. Das hat Gae offentlichtlich alles im Kopf. Alle Achtung!
Meine herzallerliebste kleine Frau Da hat übrigens gemeint, ich solle so tun als ob ich drauskomme im Hausbau. Und mit kritischem Blick die Aktivitäten um unser Haus beobachten. Präsenz zeigen. Mal ein paar gescheite Bemerkungen machen. Das macht Eindruck. Hat sie gemeint. Okay, kann ich machen. Kein Problem. So stolziere oder besser stolpere ich oft auf der Baustelle herum. Setze die Kennermiene auf. Runzle hie und da die Stirn. Ziehe die Augenbrauen hoch, wenn Einer oder Eine eine ausserordentliche Pause einlegt. Oder messe irgendwas Unwichtiges nach.

Es ist schon so. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Baumenschen jeweils einen Zahn zulegen, wenn ich ihnen in der Sonne stehe. Oder mich anschicke, die Leiter in den 1. Stock zu besteigen. Das macht sogar richtig Spass. Wahrscheinlich war ich in einem früheren Leben Takttrommler auf einer Strafgaleere. Aber die Thais lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. So bilde ich mir das wahrscheinlich bloss ein. Wir sind auf jeden Fall haargenau im Zeitplan. Und wenn uns nicht der Himmel auf den Kopf fällt, so werden wir im Frühjahr hier einziehen….

UB.

 

Sank und die Schwulen

Es gibt Themen, da bleibt mir der Humor irgendwie im Hals stecken. Einerseits, weil sie entweder kaum Ansätze für humorvolle Betrachtungen liefern oder weil es schwierig ist, gleichzeitig den Kopf zu schütteln und in brüllendes Gelächter auszubrechen. Ich will in dieser wahren Geschichte von Sank erzählen. Sank ist ein Junge von ungefähr 18 Jahren. Er lebt im wohlbehüteten und auch wohlhabenden Elternhaus. Geht noch zur Schule und ist das, was man so allgemein als ‚guter Junge’ bezeichnen würde. Hilfsbereit, liebt die Tiere (eher selten für Thailänder) und macht sein Zimmer alleine sauber. Auch sein Aeusseres ist gepflegt und überhaupt nicht hässlich. Also ein Sohn wie man ihn sich als Vater und Mutter nur wünschen kann. Und entsprechend Stolz sind seine Eltern auch auf Sank, dem zukünftigen Arzt.

Eines Tages kommt Sank zu seiner Mutter und erzählt ihr, dass er Männer mehr liebt als Frauen. Und das schon seit einigen Jahren. Die Mutter schockiert. Bricht in Tränen aus: ‚Wie kannst Du mir das nur antun, mein Junge!’. Und nach ein paar tiefen Schluchzern: ‚Warte nur, bis das dein Vater erfährt. Der wird dir was erzählen!’. Sank sitzt wie ein Häufchen Elend neben seiner Mutter. Er hatte auf etwas mehr Verständnis gehofft. Schliesslich weiss er als aufgeklärter Gymnasiast, dass schwulsein keine Krankheit ist. Oder gar dem Willen unterliegt. Aber kein Zeichen von Zuneigung von seiner Mutter. Als Sank ihr seine Hand auf den Unterarm legt, streift sie sie ab. Auch seine nach Wärme heischenden Blicke erwiedert sie nicht.

Sank vergräbt sich in seinem Zimmer. Die Mutter hängt irgendwo herum. Sie wartet auf den Abend, wenn der Vater von der Arbeit kommt. Das Auto naht, Vater steigt aus, aktiviert die Wegfahrsperre: ‚Blupp Blupp’. Mutter eilt ihm entgegen: ‚Du unser Sohn ist schwul, Vater’. Und fängt wieder an zu schluchzen. Nachdem sie einige weitere Worte mit Vater gewechselt hat, tönt er: ‚Das darf doch wohl nicht wahr sein. Dem werde ich was erzählen.’ Und eilt die Treppen hoch. Durch die verschlossene Türe kann man Sätze hören wie: ‚…eine Schande für die ganze Familie…..die Nachbarn werden über uns sprechen…..mein Chef wird denken: ‚von wem er das wohl hat??’….man kann ja nirgendwo mehr hingehen mit dir……und das uns!’. Und so weiter….

Natürlich wird sofort den Grosseltern telefoniert, die Geschwister in Kenntnis gesetzt und dem Hund verboten, sich Sank um weniger als 3 Meter zu nähern. Schwulität könnte ja ansteckend sein….Für Sank bricht eine Welt zusammen. Er selber hatte schon längere Zeit mit sich gekämpft. Er kennt ja die intollerante Haltung der Thailänder zu seinem ‚Problem’. Was soll er bloss tun? Es wird Nichts mehr sein wie vorher.

Sank hat auch eine Schwester. Sie lebt nicht im gleichen Ort wie Sank und die Familie. Die Mutter ruft die Schwester an und berichtet ihr vom Ungemach ihres geliebten Bruders. Die Schwester, ich nenne sie mal Nitta, ist schon etwas traurig, ob dieser Hiobsbotschaft. Doch sie findet die richtige Einstellung zu Sank. Schliesslich ist sie ja als Studentin der Naturwissenschaften in der Lage, die Situation zu begreifen. Versucht die Mutter zu beruhigen. Erzählt ihr von den Gründen, die die Natur dazu verleiten, eine ‚Fehlschaltung’ wie bei Sank zu verursachen. Das Problem ist nur, dass die Mutter und der Vater solche Erklärungen nicht akzeptieren. ‚Willst du junge Gäre uns belehren? Schau lieber zu, dass du einen guten Beruf erlernst. Du hast ja noch Schimmelpilz hinter den Ohren…’. Oder so.

Nitta telefoniert mit Sank und versichert ihn ihrer schwesterlichen Zuneigung. Balsam für die geschundene Seele von Sank. Sie bestärkt ihn, seinen Weg zu gehen. Nicht vor den Konventionen der Gesellschaft zu kapitulieren.
Warum ich diese Geschichte erzähle? Nun, in Thailand ist jede Abweichung von der Norm nicht gern gesehen. Es muss so sein wie es normal ist. Und was normal ist, bestimmt die hiesige Gesellschaft mit ihrem übertriebenen Schamgefühl. Oder dem Drang, dem Anspruch der Gesellschaft unbedingt genüge zu tun. Viele schwule Männer kommen mit ihrem ‚abnormalen’ Leben nicht zurecht. Oft fühlen sie sich als Frau in einem Männerkörper. Das führt dann dazu, dass sich Schwule in einen Frauenkörper flüchten. Kliniken, welche solche ‚Umbauten’ vornehmen, gibt es hier jede Menge. Die Preise sind so hoch, dass mancher Mann sich hoch verschuldet, um vermeintlich dem Dilemma zu entkommen. Und hofft auf ein neues, freieres Leben nach der Wiedergeburt im Frauenkörper.

Uebrigens werden hier alle Schattierungen von Geschlechtsoperationen vorgenommen. Letztlich bis hin zur echten geschlechtlichen Verwandlung. Mit dem Skalpell und Hormonen werden Frauenkörper gezimmert. In vielen Fällen sehr erfolgreich. Diese schönen ‚Frauen’ (man nennt sie hier Ladymen) sind oft nur sehr schwer von geborenen Frauen zu unterscheiden. Nicht von ungefähr hat die vorletzte Miss-Thailand Wahl ein Ladyman gewonnen. Allerdings wurde ihr der Titel wieder aberkannt, nachdem sie sich im Fernsehen öffentlich geoutet hatte..

Wie das Beispiel von Sank zeigt, scheint vor allem bei der jüngeren Generation in Thailand ein Umdenken in Gang zu kommen. Die Aufklärung in den Schulen und sogar im Fernsehen trägt das ihre dazu bei, dem Nachwuchs der Gesellschaft die richtige Einstellung zu solchen und anderen Situationen zu verschaffen. Situationen die nur mit Toleranz, Akzeptanz und Verständnis gemeistert werden können…

UB.

 

Toy und das Haus am See

Ich habe ja schon erzählt, dass Gevatter Gae und seine Familie unser neues Haus baut. Denkste! Nachdem die letzte Säule des Zementgerippes bis unter das Dach trocken war, haben sich Gae und Michael Schumacher aus dem Staub gemacht. Alles mitgenommen. Zwei Tage kein Mensch auf der Baustelle. Da kommt der Bauführer. Klärt uns auf, dass es 5 Teams gibt, welche auf den jeweiligen Bauabschnitt spezialisiert sind. Grosses Aufatmen. ‚Die Neuen kommen heute noch’,beruhigt er mich.Tatsächlich rollt kurz danach ein Lastwagen auf unser Land. Mit viel Stahl beladen. Das neue Team besteht aus drei Leuten. Ich nenne sie die drei Muskeltiere. Es sind Schweissspezialisten. Sie werden die Dachkonstruktion machen. So richtige Cowboys. Zwei kommen mit schweren Motorrädern zur Arbeit. Einer mit einem gelben Fahrrad. Wahrscheinlich irgendwo bei der Post geklaut. Genau dieses Gelb!

Das schwere Elektro-Schweissgerät hieven sie am Stromkabel in den 1. Stock. Stahlträger werden in Position gebracht. Verschweisst. Die Cowboys vollbringen artistische Leistungen. Eine Bereicherung für jeden Zirkus. Ich stehe mit offenem Mund da, wenn die drei Muskeltiere auf dem Dachfirst rumspazieren.
Wir haben ja schon in der Schweiz geplant, an unserem Teich ein Häuschen zu bauen. So für Mussestunden. Gemütlich zusammensitzen. Oder einfach, weil es schön ist. Rang und meine herzallerliebste kleine Frau Da beraten über den Standort. Rennen rund um den Teich. Messen hier und dort. Diskutieren, lamentieren und überlegen. Ich sauge lieber an meinem Strohhalm, schaue der schönen Nachbarin beim Wäscheaufhängen zu und lasse die Beiden machen. Es gibt sowieso nur einen Platz, wo das Haus gebaut werden kann.

Rang fährt mit dem Motorrad davon und kommt mit Toy auf dem Rücksitz zurück. Toy ist ein Handwerker aus der Gegend. Selbständig. Er hat hier schon einige kleinere Bauten erfolgreich errichtet. Wir sitzen also im Kreis und ich äussere meine Wünsche. Toy sagt, alles kein Problem. Wie könnte es bei einem Thai auch anders sein. Er will das zeichnen und uns morgen zeigen. Endlich jemand, der einen Plan zeichnet, bevor er anfängt zu bauen.

Die Skizze gefällt uns. Wir sind uns einig. Toy fängt an. Alles geht sehr schnell. Es wird Erde aufgeschüttet. Löcher gegraben. Säulen errichtet. Das Dach aus Stahlträgern geschweisst. Nach einer Woche ist das Häuschen schon fast fertig. So wie ein Pavillon. Sieht gut aus. Und einen Balkon bis über das Wasser hat es auch. Der Sohn von Toy hilft dabei. Manchmal kommt auch ein dritter Handwerker. Für die Maurerarbeiten. Zementmischen und so.
Am Ende der Regenzeit Ende Oktober hat unser Teich Höchststand. Jetzt in der Trockenzeit saugt die Sonne am Teich. Für den Zement haben die ebenfalls Wasser in rauhen Mengen entnommen. Ich muss dringend unsere Grundwasserpumpe in Gang setzen. Damit ich den Teich vor unserer Reise in die Schweiz noch ein bisschen auffüllen kann. Ich sage zu Rang, Prioritäten ändern. Zuerst Häuschen für die Wasserpumpe bauen. Provisorische Stromleitung bereitstellen, Schlauch kaufen und Röhren verlegen.

Rang schwingt sich wieder auf sein Motorrad. Auf dem Rücksitz Tschau. Das ist der mit dem kreislaufschonenden Gang. Sie kommen zurück und haben alles was es braucht bestellt. Rang hält meiner herzallerliebsten kleinen Frau Da eine Quittung unter die Nase. Für Zement, Steine, Stromkabel und Wasserrohre. Die Wasserpumpe haben wir schon vor Tagen gekauft. Ein kleiner Kraftprotz. Sie soll in unserem Haus später für den richtigen Wasserdruck sorgen. Hoffentlich kann sie das.

Hier in Thailand gibt es Heimwerkermärkte fast an jeder Ecke. Selbst ist der Thai. Und dort gibt es alles zu kaufen, was man sich vorstellen kann. Vom Gartenschlauch bis zum zentnerschweren Stahlträger. Wenn man bestellt und bezahlt hat, so kommt wenig später die Lieferung frei Haus. Oder frei Baustelle.
Rang und Tschau sind jetzt daran, der Pumpe ein Zuhause zu geben. Damit sie nicht nass oder geklaut wird. Ich will unbedingt eine Wasserprobe mit in die Schweiz bringen. Zur Analyse beim Wasserwerk. Ich möchte wissen, was später da so aus dem Wasserhahn tropft. Zu trinken wage ich dieses Wasser sowieso nicht. Es wird hier in Thailand entweger Regenwasser oder eigenes Grundwasser getrunken. Gilt als sehr sauber. Wir werden ja sehen! Oder das Wasser wird in grossen Plastikflaschen angeliefert. Zu einem Spottpreis. Frei Haus. Es gibt auch kommunale Wasserversorgung. Rohre bis zum Wasserwerk muss man auf eigene Kosten verlegen. Aber das Vertrauen in dieses Wasser ist nicht gerade gross bei den Thais. Dann lieber der Griff zur Flasche. Zur Wasserflasche.
Wahrscheinlich ist das für längere Zeit die letzte ‚Wahre Geschichte aus Thailand….’. Wir werden am Mittwoch Thailand Richtung Schweiz verlassen. Für ungefähr zwei Monate. Von über 30 Grad sonnigem Tropen-Wetter in den nasskalten, europäischen Winter. Mir graut jetzt schon. Aber wir freuen uns auf das Wiedersehen mit meiner Familie und unseren Freunden. Denn es gibt in Europa ja Heizungen. Gemütliche, warme Stuben. Ich habe schon versucht, das einem Thai zu erklären. Ohne Erfolg. Er kann sich Nichts unter Heizung vorstellen. Gemütlichkeit ist ihm fremd. Und warme Stuben werden hier mit aller Gewalt mit Klimageräten oder Ventilatoren bekämpft….

U.B.

 

Urs und das Auto

Bei dieser Gelegenheit möchte ich ein paar Anmerkungen über den Verkehr in Thailand machen. Ich habe trotz ernsthaftem Bemühen noch keine Verkehrsregeln ausgemacht. Man hat sich offenbar darauf geeinigt, auf der linken Seite zu kreuzen. Fahren kann man aber dort, wo die Strasse besser ist. Oft kreuzt man sich auch rechts. Ist ja Nichts dabei. Wenn beide das so sehen. Sogar auf der ‚Schnellstrasse’ kommen einem die Motorräder und Autos manchmal auf der rechten Seite entgegen. Daran muss man sich gewöhnen. Man darf das Alles nicht zu eng sehen. Irgendwie kommt man schon ans Ziel. Man muss halt die Nerven behalten. Sind sie die Thais im Umgang auch sehr freundlich, hilfsbereit und zurückhaltend, so lassen sie diese Eigenschaften vor der Tür des Autos. Oder verlieren jegliche Hemmungen, wenn sie ihr geliebtes Motorrad besteigen. Ich habe immer gemeint, die Deutschen seien in der Anbetung ihrer Fahrzeuge nicht zu überbieten. Jetzt weiss ich es besser. Da wird auf der Strasse herumgeturnt, was das Zeug hält. Wer zuletzt kommt, den bestraft sein Nervenkostüm. Oder so ähnlich… Der Zustand der Fahrzeuge allgemein ist liederlich. Ich glaube, der Thai lässt nur dann einen Mechaniker an sein Fahrzeug, wenn entweder die Bremse oder die Hupe nicht mehr funktioniert. Was heisst hier Mechaniker. Jeder ist sein eigener Mechaniker. Die Ersatzteilhändler haben Hochkunjunktur.

Das Fahren hier in den Städten weist schon Züge eines mittleren Stunts auf. Die Thais fahren dort wo Platz ist. Dabei spielt es keine Rolle auf welcher Strassenseite oder wie dicht neben, vor oder hinter einem anderen Fahrzeug. Da ist Nichts mit Abstand ‚21…22..’ . Wo eine Lücke ist im Verkehr, da ist auch ein Auto oder wenn die Lücke zu klein ist, ein Motorrad.

Wie gut die Thais ihr Auto beherrschen und wie ausgeprägt ihre Fahrkünste sind sieht man, wenn sie versuchen zu Parkieren, zu Wenden oder eine enge Einfahrt zu treffen. Was habe ich schon gelacht beim Zuschauen. Das lernen die nie.
Ich habe alle Bekannten schon gefragt, was eigentlich die Höchstgeschwindigkeit auf den verschiedenen Strassen ist. Ich habe soviele verschiedene Antworten erhalten, wie ich Fragen gestellt habe. So weiss ich es immer noch nicht.
Also, wie kam ich nun zu meinem Auto. Die erste Entscheidung ist die Sache mit den Pick-ups. In Thailand sind diese Fahrzeuge recht billig zu haben. Sowohl neu als auch gebraucht. Aber ich will ein automatisches Getriebe. Und möglichst einen Benziner. Keinen Diesel. Die Neuwagenhändlern verstehen diese Vorgaben nicht. 4wheel, 4wheel, ereifern sie sich. Wedeln mit dürftigen Prospekten eines Isuzu, Mazda, Toyota oder Mitsubishis unter meiner Nase. Der Wunsch mit dem Automat stösst sowieso auf Unverständnis. Es gibt keine Pick-ups mit Automat. Und Benziner schon gar nicht. Vielleicht in Bangkok, werde ich getröstet.
Also ein ‚normales’ Auto. Da ist die Auswahl im Gegensatz zu den Pickups schon sehr klein. Und die sind teuer. Sogar ein bisschen teurer als in Europa… Es darf ruhig ein Second-Hand Fahrzeug sein. Aber das ist so eine Sache. Die Autohändler machen mir alle einen – vorsichtig ausgedrückt – unseriösen Eindruck. So ähnlich wie Pferdehändler. Wir fahren das eine oder andere Auto. Doch, einige könnte man glatt kaufen. Preis stimmt auch. Doch das Vertrauen in die Herkunft, den Kilometerstand usw. fehlt total. Garantie sowieso Fehlanzeige.
So entscheiden wir uns für einen Neuwagen. Wir gehen von Garage zu Garage. Lassen uns die Limousinen vorführen. Machen Probefahrten im Hof der Garage. Hinaus dürfen wir nicht. Keine Nummer oder so. Und entscheiden uns schliesslich für einen Isuzu Adventure. Eine Grossraumlimusine zwar mit Dieselmotor, aber wenigstens Automat. So konnte ich zumindest die Hälfte meiner Vorgaben durchsetzen. Garantie geben die hier keine. Wenn du rausfährst aus der Garage, dann ist es nur noch dein Problem. Oder vielleicht ein bisschen Kulanz der Garage im Ernstfall…

Und mit diesem Fahrzeug mische ich jetzt kräftig mit. Wetteifere mit den Thais um die Pole-Position an den roten Ampeln, die Uebrigens meist ein unbeachtetes Dasein fristen. Aber sie machen das Leben bunt. Bringen Farbe in die Stadt. Fussgängerstreifen habe ich auch schon gesehen. Aber die Fussgänger-Menschen rennen hier um ihr Leben. Nur wer gut zu Fuss ist hat gute Karten.
Uebrigens hatte ich schon den ersten Unfall mit meinem Auto. Beim rechts-abbiegen hat mich einer mit seinem Motorrad noch schnell überholen wollen. Hat halt nicht gereicht. Jetzt muss ich mein Auto heute in die Garage bringen. Rechte hintere Tür wird neu gespritzt. Aber ich habe ja zum Glück eine super tolle teure Versicherung abgeschlossen. Ich wusste, warum!
Vielleicht gibt das dann schon die nächste ‚wahre Geschichte aus Thailand’ her.

UB.